Chardonnays für die Schatzkammer • Dossier Österreich 2022

Chardonnay verkostet: Steiermark gegen den Rest aus Österreich

Text: Harald Scholl, Fotos: Armin Faber

Unter dem Namen Morillon hat es Chardonnay in der Steiermark zur Leitrebsorte geschafft, im Rest der Alpenrepublik nimmt seine Rebfläche kontinuierlich zu, aktuell sind fast 2000 Hektar mit der Rebsorte bestockt. Höchste Zeit also, die Weine aus den anderen Anbaugebieten Österreichs mit den Weinen aus der Steiermark zu vergleichen.

Manchmal braucht es einfach eine Bestandsaufnahme, eine Untersuchung des Status quo, um Dinge richtig einordnen zu können. Natürlich ist Chardonnay – oder sein Synonym Morillon – keine unbekannte Grösse mehr in Österreich. Die Rebsorte zeigt seit vielen Jahren, dass sie auch hier für aussergewöhnliche Weine sorgen kann. Vor allem die Gewächse aus der Steiermark sind nicht nur in ihrer Heimat selbst gesucht und begehrt, immer stärker belegen aber auch Chardonnay aus anderen Anbaugebieten, dass man den Umgang mit der Rebsorte aufs beste versteht. Die Sorte Chardonnay ist, wie bekannt, weltweit verbreitet, sie liefert auf der einen Seite Weine, die zu den teuersten der Welt zählen, aber auch den Grundwein für die Erzeugung feinster Schaumweine, wie dem Champagner. Chardonnay benötigt gute, warme Lagen mit tiefgründigen Böden, gute Wasserversorgung und vor allem: einen höheren Kalkgehalt im Boden. Diese geologischen Voraussetzungen finden sich bekanntermassen in der Steiermark. Aber auch im Burgenland und am Wagram oder der Thermenregion sind, wenn auch im kleinerem Massstab, Kalkanteile im Boden zu finden. Im Tasting zeigte sich, dass die auf solchen Böden gewachsenen Weine für das grösste Trinkvergnügen sorgen. Sie sind tendenziell schlanker, fokussierter und weniger von der Frucht dominiert.

Übrigens: Allen Unkenrufen zum Trotz ist Morillon genetisch identisch mit der Sorte Chardonnay. Vor allem an den reifen Trauben sind keinerlei Unterschiede erkennbar. Zwar können ausgewiesene Spezialisten an den Blättern und Trieben bisweilen geringfügige farbliche Unterschiede erkennen. Das reicht aber nach Ansicht der Ampelographen nicht aus, um von einer eigenständigen Rebsorte zu sprechen.

16.5 Punkte

Johanneshof Reinisch, Tattendorf

Thermenregion Ried Lores Chardonnay 2019

Ganz dezente Nase, wenn, dann Feuerstein, aber zart. Im Mund mit viel pikanter Würze, irre Mengen Salz am Zungenrand, sehr pikant, fast stechend. In der Mitte leicht gezehrt, alles spielt sich am Zungenrand ab, in der Zungenmitte bleibt eine aromatische Lücke.

19,60 Euro | www.j-r.at

17 Punkte

Weingut Wieninger, Wien

Wien Reserve Chardonnay Grand Select 2019

Deutliche Holznote, frisch geröstet, ein wenig nasser Stein. Im Mund eindringlich, auch hier mit Holzeinfluss. Aber die sehnigschlanke Art dahinter ist deutlich zu erkennen. Sehr klassische, burgundische Interpretation. Braucht unbedingt noch Flaschenreife, ist auf der Suche, hat sehr gute Anlagen.

50 Euro | www.wieninger.at

17 Punkte

Weingut Toni Hartl, Reisenberg

Burgenland Ried Thenau Chardonnay 2017

Leicht flintige Nase, angedeutete Moderne. Ihm Mund dann beinahe klassisch französisch. Klare Frucht und ein wenig Schmelz, auch ein wenig Mineralität, etwas Salz. Bietet von allem etwas, hat Substanz und Tiefe. Aber keine klare Entscheidung, was er sein will - modern oder klassisch. Zeit geben!

46 Euro | www.toni-hartl.at

17 Punkte

Wohlmuth, Kitzeck im Sausal

Südsteiermark DAC Ried Sausaler Schlössl Chardonnay 2017

Ungewöhnlich für die Region, relativ viel Frucht, leicht gelbe Aromen, Pfirsich, Kamille. Im Mund klarer und fokussierter, bleibt sauber in der Zungenmitte, Schmelz und Biss halten sich die Waage. Es scheint alles da zu sein, kommt aber noch nicht wirklich raus. Unbedingt noch warten.

25 Euro | www.wohlmuth.at

16.5 Punkte

Weingut Franz Hirtzberger, Spitz

Wachau DAC Smaragd Chardonnay 2017

Stil und Herkunft über alles. Es gibt kaum eine Herkunft, die so eindeutig ist. Botrytis, höchste Reife, viel Frucht, geradezu üppig-barock. Darunter taucht aber immer wieder die Säure auf, die für Animation sorgt. Eigenwillig, speziell – aber verflixt gut gemacht.

34 Euro | www.hirtzberger.com

17.5 Punkte

Weingut Josef Fritz, Zaussenberg am Wagram

Wagram Chardonnay Grosse Reserve 2019

Wirkt in der Nase kühl und steinig, Feuerstein, Granit, sehr mineralisch anmutend. Im Mund dann schlagartig anders, saftige gelbe Frucht, Pfirsich, unterlegt mit steiniger Würze. Scheint sich noch nicht ganz gefunden zu haben – verspricht eine gloriose Zukunft.

20,50 Euro | www.weingut-fritz.at​​​​​​​

«Unglaubliche Vielfalt an unterschiedlichen Stilen. Spannend und überraschend! Eindeutige Gebietszuordnung nicht immer einfach, die straffen Stile findet man eher in der Steiermark, weichere – je nach Boden und Klima – in Niederösterreich. »

Ulrike Hager

17 Punkte

Weingut Gesellmann, Deutschkreutz

Burgenland Ried Steinriegel Chardonnay 2019

Ruhige, getragene Nase, etwas Gelbfrucht, Wachs, Orangenschale, Röstaromen, duftig. Im Mund mit Würze, gewisse Fülle, saftig, auch Gerbstoff, nahezu erhaben und in sich ruhend. Viel Extrakt, füllt den Mundraum, hat Druck und Kraft. Ausgesprochen langer Abgang.

21,50 Euro | www.gesellmann.at

17 Punkte

Alphart am Mühlbach, Traiskirchen

Thermenregion Reserve Chardonnay 2017

Verschlossen, reduktive Nase, Haselnuss, Granny Smith, sehr eigener Stil. Trifft den Stil der Region ganz gut, die eher an Kräuter erinnernde Würze, die angedeutete gelbe Frucht, die bewusste Nutzung des Holzes. Braucht noch Zeit, hat gute Anlagen.

18 Euro | www.alphart.at​​​​​​​

16 Punkte

Weingut Taubenschuss, Poysdorf

Niederösterreich Reserve Chardonnay -S- 2018

Leichte Oxidation, Reife in der Nase, Klebstoff. Auf der Zunge mit Schmelz, leicht süssliche Frucht, darunter markante Gerbstoffe. Am Gaumen leicht müde, der klare Schliff fehlt, war wohl recht reif bei der Lese. Die Klebstoffnote zieht sich durch, geht auch mit Luft nicht weg.

12 Euro | www.taubenschuss.at​​​​​​​

17.5 Punkte

Heribert Bayer In Signo Leonis, Neckenmarkt

Burgenland Chardonnay Albatros 2019

Angedeutete Reduktion, eine Spur Holz, klar zu erkennen. Sonst verschlossen, braucht ausgiebige Belüftung. Im Mund mit Schmelz, angedeutete Frucht, etwas reifer Apfel, unterlegt von mineralischer Würze. Im Abgang ebenfalls deutlich würzig, hat Länge und Potenzial.

48 Euro | www.weinfreund.at​​​​​​​

17.5 Punkte

Anita & Hans Nittnaus, Gols

Leithaberg DAC Ried Joiser Freudhofer Chardonnay 2019

Zunächst eine leichte Reduktion, nur verhalten flintig, aber doch deutlich. Auch eine Maischeanmutung ist zu riechen, frischer Most. Im Mund mit klarer Frucht und Schmelz, ziselierte Gerbstoffe. Kraftvoll, aber eher auf die muskulöse, straffe, nicht fette Art. Toller Nachhall.

29 Euro | www.nittnaus.wine​​​​​​​

17 Punkte

Weingut Herbert Zillinger, Ebenthal

Niederösterreich Chardonnay Horizont 2017

In der Nase noch verschlossen, da passiert zunächst gar nichts. Braucht irre viel Luft, dann öffnet sich der Wein, wird charmant, zeigt Frucht, die mineralischsalzige Note ist da, aber nicht dominant. Balanciert, elegant und angesichts seiner Zartheit von beeindruckender Länge.

12 Euro | zillinger-wineshop.myshopify.com

«Die Zeiten der uniformen Massenchardonnays sind scheinbar vorbei, die Terroirs werden insbesondere in den weniger bekannten Regionen wie Wagram oder der Thermenregion sehr bewusst herausgearbeitet. Als Speisebegleiter unbedingt auf dem Vormarsch.»

Michael James

14.5 Punkte

Peter Skoff - Domäne Kranachberg, Gamlitz

Südsteiermark DAC Reserve Ried Kranachberg Morillon 2017

Auch hier ist die Herkunft klar. Leicht reduktive Würze, darin mischt sich ein Gelbton, Pfirsich, der irgendwie nicht recht reinpassen will. Auch im Mund fehlt die Präzision, geschmacklich bedeckt, sehr verhalten. Konnte sich nicht klar positionieren.

24,50 Euro | www.peter-skoff.at

15 Punkte

Weingut R&A Pfaffl, Stetten

Niederösterreich Reserve Chardonnay Vision 2017

Präsentiert sich in der Nase mit Eisbonbon, Holunder auch irgendwie steinig, aber diffus. Mit Luft tritt immer mehr Frucht hervor, Exotik, Lychee, verspielt. Füllig am Gaumen, auch leichte Extraktsüsse auf der Zunge, schmeichelnd, gefällig, leicht barock. Es fehlt an Präzision und Schliff.

35 Euro | www.pfaffl.at

18 Punkte

Weingut Tement, Ehrenhausen

Südsteiermark DAC Ried Zieregg Morillon 2019

Die Herkunft ist unstrittig bei dieser Nase. Boden, Boden, Boden, nur Würze, keinerlei Frucht – und dennoch harmonisch, dicht, einladend. Unendliche Klarheit, nirgends etwas Störendes, immer wieder die salzige Würze, engmaschig auf der Zunge, feiner Schmelz am Gaumen. Hervorragend.

52 Euro | www.tement.at

16 Punkte

Weingut Gernot und Heike Heinrich, Gols

Leithaberg DAC Chardonnay 2017

Polarisierend. Reduktive, ‹moderne› Nase, Holz, Flint, Bleistiftspitze. Im Mund mit kühler Frische. Ganz deutlich mit Maischestand, mit Luft kommt Minze, immer wieder Saft, vitale Säure. Animation. Exakt herausgearbeitete Gerbstoffe. Ein Wein, der zur Diskussion anregt.

16 Euro | www.heinrich.at

17 Punkte

Gerhard Markowitsch, Göttlesbrunn

Carnuntum DAC Ried Schüttenberg Chardonnay 2019

In der Nase verschlossen, kräuterbetont, Hustenbonbon, Heftpflaster. Braucht viel Luft. Im Mund mit klarer Frucht, Aprikose, Zitrus, deutlich mineralische, leicht salzige Art. Fest, kompakt, kaum Körper, schwebt mehr als dass er drückt, ist aber überall im Mund präsent.

21 Euro | www.markowitsch.at

17.5 Punkte

Neumeister, Straden

Vulkanland Steiermark DAC Straden Morillon 2020

In der Nase mit leichter Reduktion, flintig, der Holzeinfluss ist spürbar. Im Mund geschliffen, sehr präzise in der Zungenmitte. Tolle, frische Säure, aber überhaupt nicht spitz. Das Salz hängt sich ans Zahnfleisch. Für ein solches Leichtgewicht von beeindruckender Länge. Unbedingt Zeit lassen!

15 Euro | www.neumeister.cc

«Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man Chardonnay für eine autochthone österreichische Rebsorte halten. So selbstverständlich und klar zeigt sie sich im Ausdruck, viele Weine sind eindeutig den Anbaugebieten zuzuordnen. Für mich ist Chardonnay ein echter Ösi!»

Harald Scholl

17 Punkte

Ebner-Ebenauer, Poysdorf

Niederösterreich Reserve Chardonnay Black Edition 2017

Ruhe und Gelassenheit im Duft, Reneklode, Bleistiftspitze, eine leichte Opulenz – aber ohne Vanille! Im Mund klar und frisch, aber auch wieder der Hang zur Fülle, Fruchtschmelz, cremig am Gaumen, der Einfluss des Holzes ist mehr zu spüren, als zu schmecken. Wird mit Reife ein grosser Speisebegleiter!

39,90 Euro | www.ebner-ebenauer.at

16.5 Punkte

Weingut Erwin Sabathi, Leutschach

Südsteiermark DAC Ried Pössnitzberg Chardonnay Alte Reben 2017

Kühl und steinig. Sehr viel grüne Aromen, tendenziell in Richtung krautig, würzig. Noch unruhig, suchend, in der Nase immer wieder mit pikanter Würze, fast stechend wie frisch gemahlener weisser Pfeffer. Deutlicher Ausdruck von Herkunft und Boden.

54,15 Euro | www.sabathi.com

18 Punkte

Weingut Fred Loimer, Langenlois

Niederösterreich Chardonnay Gumpold 2018

Dunkelwürzige Nase, Mokka, nasse Steine, eine Spur Wachs und Honig. Im Mund sehr ausgewogen, präzise balanciert zwischen zarter Frucht und markanter Würze, Salz am Zungenrand auf. Enorme geschmackliche Vielschichtigkeit, fordert über Stunden. Delikat.

31 Euro | www.loimer.at

17 Punkte

Weingut Kollwentz, Grosshöflein

Burgenland Chardonnay Gloria 2019

Die Nase vom Ausbau geprägt, das Holz ist noch klar erkennbar. Aber es ist dezent, eine frische Frucht liegt dahinter. Meyer-Zitrone. Auf der Zunge geschliffen, sehr präzise, hat einen tollen Zug. Immer wieder zitrische Frische, dabei ausgewogen und geht trotzdem ‹nach vorn›.

53 Euro | www.kollwentz.at

16 Punkte

Weingut Artner, Höflein bei Bruck

Carnuntum DAC Reserve Chardonnay massive a. [weiss] 2017

Ruhige, im besten Sinne gediegene Nase. Sehr klassisch, old-school, deutliche Cremigkeit vom Holzeinsatz, auch auf der Zunge. Ist recht mächtig, opulent, viel Extrakt, Glycerin. Als Solist einnehmend, bei Tisch aufspielend.

29 Euro | www.artner.co.at

16 Punkte

Sattlerhof, Gamlitz

Südsteiermark DAC Ried Kapellenweingarten Morillon 2019

Klare, sehr geschliffene Nase, Zitrus, Limette, schöner Saft, dann auch Schmelz. Verlässt sich nicht allein auf den Stein, zeigt Ansätze von Körper, zarter Schmelz, hat ein wenig Adstringenz, aber im Rahmen. Bleibt leicht herb und mit feinem Gerbstoff am Gaumen haften.

25 Euro | www.sattlerhof.at

«Es gibt eine spannende Vielfalt österreichischer Chardonnays. Der Bogen von karg-asketisch bis zu mollig-opulent ist weit gespannt. Gerade die klassischen Varianten sind besonders interessant, nicht zuletzt als Begleiter zu klassischer österreichischer Küche.»

Leo Quarda