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Philipp Kovacs im Gourmet-Interview

Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Roland Bauer

Seit diesem Jahr strahlen zwei Michelin-Sterne über einem Restaurant, das etwas versteckt im ersten Stock der eher schmucklosen Schwabenlandhalle in Fellbach untergebracht ist. Der Küchenchef des «Goldberg», Philipp Kovacs, hat ein goldenes Händchen am Herd und setzt dabei mit seinem Konzept «Hier und jetzt» vor allem auf Regionalität der Produkte.

Wie lebt es sich als Zwei-Sterne-Küchenchef, war diese Verleihung eine echte Überraschung?

Auf jeden Fall eine kleine Sensation. Als wir 2015 den ersten Stern bekamen, wussten wir schon, dass wir gute Arbeit leisten. Aber jetzt sind wir eines von sieben Zwei-Sterne-Häusern in Württemberg. Das macht stolz. Wobei das auch Teamwork ist. Ein Stern gehört meinem großartigen Souschef Florian Pentzlin. Ebenfalls großen Anteil am Erfolg hat Restaurantleiter und Sommelier Josip Stjepandic.

Gibt es Leute, die Sie in Ihrer Entwicklung besonders geprägt haben?

Einer war zweifellos der Chef im «Vila Joya» in Portugal, der Österreicher Dieter Koschina, der seit 21 Jahren zwei Sterne vorweisen kann und täglich ein neues Menü kreiert. Und dann mein fast väterlicher Freund aus München, der auch aus dem Fernsehen bekannte Otto Koch, der mich eine Weile unter seine Fittiche nahm, mich beim Controlling schulte und dem ich unter anderem den Kontakt nach Portugal zu verdanken habe. Viel profitiert habe ich auch von zweieinhalb Jahren in einem Sterne-Restaurant im Schweizer Interlaken, wo ich als Jüngster im Team zum Souschef befördert wurde und lernte, unter viel Druck zu arbeiten.

Hatten Sie sich schon früh entschlossen, Koch zu werden?

Ein Auslöser war sicherlich, dass zuhause immer nur Gutes auf den Tisch kam. Meine Mutter liebte es italienisch. Ich habe schon früh Bücher von Heinz Winkler studiert und damit experimentiert. Während meiner Lehrzeit war ich auch mal Zweiter bei einer Heilbronner Köche-Stadtmeisterschaft. Meinen Bundeswehrdienst wollte ich statt in der Kantine gern in einem Offizierskasino absolvieren. Das funktionierte nicht, also entschied ich mich für den Zivildienst.

Hat sich Ihre Küche in den gut zehn Jahren im «Goldberg» verändert?

Wir entwickeln uns immer weiter. Ich überschreibe das aktuell mit «Hier und jetzt». Das erste Wort steht für die Regionalität der Produkte, ein Gebot der Stunde. So haben wir zum Beispiel Hummer von der Karte genommen, den gibt es nur mehr auf besonderen Wunsch. Das Wort «jetzt» steht für eine saisonale Komponente der Gerichte. Inzwischen bieten wir auch ein vegetarisches Menü an, sogar inklusive entsprechender Stopfleber. Und 80 bis 90 Prozent unseres Gemüses kommen aus Baden-Württemberg. Alle Mitarbeiter im Service wissen, woher die Zutaten stammen.

Sie pflegen bei den Menüs drei Linien, die Sie mit «Abenteuer», «Zeitlos» und «Zukunft» überschreiben. Vegetarisch ist die Zukunft, unter anderem mit geschmortem Kohlrabi und gebackener Aubergine. Was ist für Sie zeitlos und abenteuerlich?

Zeitlos sind beispielsweise für mich Gerichte wie Lachsforelle, Störfilet und Perlhuhnbrust. Unter Abenteuer reihe ich dagegen eher Gelbflossen-Thunfisch, Seehecht und Rinderrücken ein.

Es gibt besternte Köche, die regelrecht Gemälde auf die Teller zaubern, mit etlichen Zutaten. Machen Sie so etwas auch?

Für mich ist der Geschmack entscheidend. Dafür brauche ich keine Verzierungen. Ich begnüge mich lieber mit drei bis vier Zutaten auf dem Teller.

Was sind die Favoriten Ihrer Gäste?

Saibling und Forelle aus dem Schwarzwald sind Renner, wenn sie auf der Karte stehen.

Haben Sie selbst besondere Vorlieben?

Ich mag die Oma- und Mama-Küche mit Linsen, Fleischküchle mit Kartoffelsalat. Damit bin ich im siebten Himmel. Zuhause gibt es auch häufiger Pasta, etwas vom Grill mit Gemüse. Auf jeden Fall nichts, was einer Massentierhaltung entstammt.

Gibt es etwas, worauf Sie selbst nie Appetit haben?

Zu Kutteln und anderen Innereien finde ich keinen Bezug.

Bilden Sie sich kulinarisch weiter, zum Beispiel durch Besuche bei renommierten Kollegen?

Ich gehe besonders gern in aufstrebende Restaurants und bin dabei ein ganz unkomplizierter, normaler Gast.

Welche Rolle spielt der Wein in Ihrem Leben, nicht nur im «Goldberg»?

Auf jeden Fall eine wichtige. Vor allem in der Kombination mit gutem Essen ist Wein eine Vervielfältigung der Gaumenfreuden.

Welches Zusammenspiel wird zwischen Wein und Küche im Restaurant praktiziert?

Ich denke, ein sehr intensives. Jedes Gericht probiere ich gemeinsam mit unserem Sommelier Josip. Er hat ein unglaubliches Weinwissen und weiß auch sehr genau, wie eine Speise auf bestimmte Weine abgestimmt werden soll. Wir sind inzwischen seit elf Jahren ein eingespieltes Team auf diesem Feld. Wenn er mal sagt, zu dem Gericht passt kein Wein, dann kommt es nicht auf die Karte. Zu unseren Menüs bieten wir auch diverse Weinbegleitungen an, eine Offerte, die gern angenommen wird.

Was halten Sie von der Weinentwicklung in Württemberg?

Sehr viel. Wir haben auch zahlreiche Weine aus der Region auf der Karte und durch Josip einen sehr guten Draht zu vielen Weinmachern. Ich finde, es ist wichtig, Gästen von auswärts aufzuzeigen, welche guten Weine in Fellbach und Umgebung erzeugt werden. Unsere Gewichtung bei den Farben Rot und Weiß ist halbe-halbe.

Wie stehen Sie zur schwäbischen Muttermilch Trollinger?

Das war mal eher ein Stammtischwein, der aber eine sehr gute, interessante Entwicklung genommen hat. Etliche Weingärtner haben erkannt, dass Trollinger besondere Qualitäten haben kann.

Bleibt neben Ihrem Beruf noch Zeit für Hobbys?

Früher habe ich mal Fußball und Tennis gespielt, dafür fehlt heute die Zeit. Sportlich bin ich gern mit dem Mountainbike unterwegs, aber inzwischen etwas vorsichtiger, seit ich mir mal bei einem Sturz die Schulter ausgekugelt habe. Gelegentlich gehe ich ins Fitness-Studio. Gern gehe ich mit meiner Lebensgefährtin, die auch in der Branche, im Event-Marketing, tätig ist, essen.