Metamorphose einer grünen Oase

Mazeyres

mit Alain Mouiex

Château Mazeyres gehört zu unseren Lieblingsweinen in Pomerol. Nicht, weil er mit besonderer Masse aufwartet, sondern mit betörender Eleganz und Frische. Mentor des Gutes ist Weinmacher Alain Moueix.

Mazeyres ist zuerst einmal mein Zuhause. Ich lebe hier seit 1992. Im Haus habe ich gemeinsam mit meiner Frau Raum geschaffen für unsere Sammlung moderner Kunst, die uns besonders am Herzen liegt. Mazeyres liegt am Rand der Stadt Libourne. Doch dank des Parks und der Reben wirkt es wie eine grüne Oase. Der grüne Gürtel schirmt uns vom Lärm und der Hektik der Umwelt ab. Die Umstellung auf biodynamischen Anbau vor mehreren Jahren hat unsere Verbindung zur Natur noch verstärkt. Wenn ich die lange Allee durchquert habe und über die kleine Brücke gerattert bin, die über das Moor führt, fühle ich mich geborgen.

Auf Mazeyres kam ich gleich nach der Ausbildung an. Ich glaubte damals noch alles, was mich mein Professor lehrte, und entschied mich erst einmal für integrierten Anbau, mit Terra-Vitis-Zertifikat. Doch mit zunehmender Erfahrung wuchs meine Skepsis einer Methodik gegenüber, die zu viele Kompromisse einging. Wir stellten auf biologischen Anbau um und arbeiten heute zertifiziert biodynamisch. Wer biologisch arbeitet, hat den grössten Schritt bereits hinter sich. Es wäre schade, nicht auch den nächsten Schritt zu wagen. Die Biodynamik liegt für mich auf der Hand, und die Auswirkungen auf den Wein liegen auf der Zunge. Mazeyres besitzt heute eine klar grössere Präzision im Ausdruck der Fruchtigkeit, spürbar mehr Spannkraft und Frische.

Ich habe mir fest vorgenommen, die Zeit zu finden, mich mit meinen Erfahrungen auseinanderzusetzen, sie aufs Papier zu bringen. Schreiben ist Reflektieren. Rudolf Steiner hat den Weg vorgezeigt. Er wollte nicht Dogmen in die Welt setzen, sondern strebte nach grösserer Freiheit und Unabhängigkeit. Ich möchte wieder vermehrt Quellenstudium betreiben, mich mit Goethes «Metamorphose der Pflanze» auseinandersetzen, aber aus der heutigen Sicht. Ich arbeite nicht auf einem Mischlandwirtschaftsbetrieb des Jahres 1924 in Deutschland, sondern auf einem Weingut in Pomerol im 21. Jahrhundert.