Gosset

Gaumenzelebration

Wie bringt man einen Spitzenwein wie die Cuvée Celebris auf die Flasche? Rezepte gibt es bei Gosset keine, so Kellerchef Odilon de Varine, alles entscheidend ist die aufmerksame und wiederholte Verkostung der Basisweine.

Jahrgangscuvées werden in der Champagne grundsätzlich nur in den besten Jahren gekeltert, geht die Regel. Jahre mit einer Sieben sind selten. Der letzte echt grosse Jahrgang, der auf der Zahl Sieben endet, war 1947. Und auch 2007 ist scheinbar nicht über alle Zweifel erhaben. Der Klimaverlauf war etwas kapriziös; besonders im Frühjahr. Wir haben uns dennoch entschlossen, 2007 zu «jahrgängen», wie man im Champagnerjargon sagt. Nicht alle Häuser haben das getan. Sie haben 2005 und 2006 Jahrgangs­cuvées produziert, nicht aber 2007. Wir haben genau das Gegenteil getan. Wir haben den 2005er übersprungen, weil dessen etwas schwerfällige Art nicht zum Stil von Gosset passte. Ganz anders der 2007er, mit seiner Frische, seiner Eleganz. Celebris soll den Stil von Gosset auf höchster Ebene verkörpern. Wir wollen keinen Wein, der mit Fülle und Opulenz um die Gunst der Champagnerliebhaber buhlt. Wir wollen einen Wein, der Mineralität ausdrückt, diesen kreidigen Glanz besitzt, wie er nur Spitzenchampagnern eigen ist, die seidige Textur, die grosse Spannkraft und Länge. Celebris 2007 entspricht genau diesem Stil. 

«Bei der Ausarbeitung einer Cuvée wie Celebris folgt Gosset nie Rezepten. Nicht einmal der Sortenspiegel einer Cuvée steht fest. Gewiss, jede Sorte hat ihre Typizität. Doch die fällt je nach Jahrgang leicht anders aus. 2007 dominiert der Chardonnay nur leicht, in anderen Jahren macht er 60 Prozent der Assemblage aus.»

Odilon de Varine


Generell steht es dem Kellerchef zu, den Entscheid zu fällen, ob ein Millésimé produziert wird oder nicht. 2007 habe ich diesen Prozess hautnah miterlebt. Mein Vorgänger, Jean-Pierre Mareigner, während 33 Jahren Kellerchef von Gosset, liess mich zum ersten Mal am Prozess der Weinbereitung teilnehmen. Jean-Pierre war kein Mann der grossen Geheimnisse, ganz im Gegenteil. Er teilte mit Freude und Leidenschaft seine Erkenntnisse. Rezepte gab und gibt es ohnehin keine bei der Ausarbeitung der Celebris (wie der anderen Cuvées). Alles wird durch die Verkostung der Grundweine entschieden. Wenn man gemeinsam mit einem mit allen Weinen gewaschenen Kellerchef wie Jean-Pierre verkostet, gibt es eine einfache Regel: Entweder man versteht die Grundweine und ist offen für die Ratschläge oder man versteht sie nicht. Im ersten Fall wird man bald einmal selber fähig sein, an einer Assemblage mitzuwirken, im zweiten Fall nie. 

Noch einmal: Die Verkostung ist alles entscheidend bei Gosset. Auch im weiteren Prozess. Gosset gehört zu den wenigen Marken, die auf den biologischen Säureabbau verzichten. Für uns ist das keine technische Frage, sondern eine Frage des Geschmacks, des Stils, der Philosophie. Ich gebe möglichst unverfälscht in die Flasche weiter, was die Natur uns schenkt. Ein Champagner ohne biologischen Säureabbau klingt einfach frischer, fruchtiger aus. Die Kehrseite der Medaille ist, dass unsere Weine viel länger auf der Hefe reifen müssen, um ihre Eleganz, ihre optimale Balance zu erreichen. Über die Dauer entscheidet auch hier die Verkostung. Celebris blieb genau zehn Jahre in der Flasche, bevor sie degorgiert wurde. Bis zur Auslieferung verging ein weiteres Jahr. Der 2007er kommt eben auf den Markt, in einer besonders eleganten Verpackung. Dafür ist Nathalie Doucet zuständig, unsere Marketingdirektorin. Jean-Pierre pflegte zu ihr zu sagen: «Ich sorge dafür, dass es schmeckt, und du, dass es schmuck aussieht.» Celebris 2007 ist ein Wein der absoluten Transparenz, pur und unverfälscht und nur schwach dosiert. Darauf sollte die Ausstattung hinweisen. Wir haben uns für ein minimalistisches Etikett entschieden, das unsere Flasche besonders gut zur Geltung bringt, die einem Modell aus dem 18. Jahrhundert nachempfunden ist. Die Verpackung soll möglichst präzise den Inhalt ankünden. Wenn wir Nathalie sagen: «Wir haben dies und das im Keller», wird sie erst einmal überlegen, wie man «dies und das» am besten zur Geltung bringt. Wir bringen dauernd Neues auf den Markt, nach einem Pinot Noir Blanc de Noirs etwa einen reinsortigen Pinot Meunier, in einer Auflage von nur 5000 Exemplaren. Langweilig wird uns nie.