Die Wahrheit der Weinberge

Bodegas Frontonio, Aragon

Text: Nicole Harreisser, Fotos: z.V.g.

Die Weine der Bodegas Frontonio sind ganz anders, überraschend anders als die Weine der Region Aragon: terroirgeprägt, zurückhaltend im Alkohol, mit Grip und Struktur. So besonders und einzigartig wie ihr Macher Fernando Mora MW.

Wenn aus einem Hobby eine Berufung und letztendlich auch der Beruf wird, spricht es für grosse Leidenschaft und Begeisterung. Für Fernando Mora MW begann seine Leidenschaft für Wein als Hobby, er probierte Weine, ging zu Verkostungen und wollte immer mehr über Wein wissen und lernen. Seine ersten Weine kelterte er aus Trauben, die im Garten seiner Grosseltern wuchsen, und die Vinifizierung machte er zuhause in seinem Apartment. «Dass ich meinen ersten Wein in der Badewanne gemacht habe, stimmt so nicht», meint er. Er nutzte die Badewanne, gefüllt mit Wasser und Eiswürfeln, zur Kühlung seiner Weine. Er stammt nicht aus einer Winzerfamilie, sondern folgt seiner Leidenschaft für Wein. Auf diesem Weg lernte er Mario Lopez, der aus einer Weinbaufamilie stammt, als seinen Lehrer kennen. Marios Eltern lieferten ihre Trauben an die Genossenschaft, wo regionaltypische Weine produziert wurden.

Doch die beiden wollten einen anderen Stil mit den Trauben der Region kreieren. Sie begannen mit einfachen Weinen, die sie in der Garage der Eltern kelterten, und mit dem Erlös aus dem Verkauf dieser begannen sie Rebberge zu kaufen, mit möglichst alten Rebstöcken und in höheren Lagen (Berglagen), die oftmals nicht mehr bewirtschaftet wurden. Die Weinberge liegen in einer Höhe von 450 bis 1030 Metern. Sie erkannten das Potenzial dieser Lagen und entschlossen sich, die Lagen einzeln auszubauen, um jeder Lage ihren Ausdruck zu geben. Dabei ist es ihnen nicht wichtig, wie viele Flaschen aus der Menge einer Lage produziert werden können. Sie wollen ihren Stil der Aragonweine kreieren und diesen den Konsumenten nahebringen. Die üblichen regionalen Weine sind nahezu schwarz in der Farbe, kräftig und holzbetont. Fernando strebt eine andere Art der Weine an, fast einen burgundischen Stil: elegant, mit niedrigerem Alkoholgehalt und mit weniger spür- und schmeckbarem Holzeinsatz. Die Trauben ihrer alten, bis zu hundertjährigen Rebstöcke bieten ihnen dafür ein einzigartiges Potenzial, denn auch die höheren Lagen verleihen den Weinen Eleganz und Frische.

Der Pinot Noir Aragons

Ihre Hauptrebsorte ist der Garnacha, blanco und tinto, neben zahlreichen auch regionalen Sorten wie Macabeo, Cribatinaja, Provechon und Robal. Garnacha ist wie Pinot Noir eine terroirsensible Rebsorte. Je nach Standort, Boden und Ausrichtung bildet er sein Terroir im Glas ab. Inspiriert durch die Winzer im Burgund entschloss sich Fernando, seine Lagen einzeln auszubauen, um für den Konsumenten die grosse Vielfalt des Garnacha erlebbar zu machen.

Zu Beginn arbeiteten sie reinsortig mit Garnacha, heute stellen sie in einigen Weinen wie dem Psicodélico die Einzigartigkeit der «Field Blends» heraus. Bedingt durch das hohe Alter der Reben wurden diese bei ihrer Anpflanzung, wie früher üblich, nicht reinsortig, sondern gemischt gesetzt, um bei Krankheiten und Witterungseinflüssen einen kompletten Ausfall der Ernte zu vermeiden. Ein grossartiges Potenzial, das durch viele Rodungen der Weinberge nur noch an wenigen Stellen zu finden ist und vom Alter und der Höhenlage der Reben profitiert.

Jeder Wein beginnt im Weinberg, und so ist Biodiversität selbstverständlich. Der Weinbau wird biologisch und nachhaltig betrieben, die Bio-Zertifizierung ist im Jahr 2022 abgeschlossen. Zwischen den Reben, die als Buschreben im Weinberg stehen, wachsen Kräuter und Unkräuter, und viele Insekten und kleine Tiere haben hier ihr Zuhause. Die Vielfalt belebt den Weinberg, hält ihn lebendig, und nur so kann ein herausragender Wein entstehen. Für Fernando spielen diese Elemente eine tragende Rolle bei der Herstellung seiner Weine. Die Höhenlage der Weinberge ist ebenso von grosser Bedeutung wie die Vielfalt der Böden, die Ausrichtung und das Alter der Reben. Je höher die Weinberge liegen, desto langsamer erfolgt die Reifung, denn die Temperaturen sind pro hundert Meter Höhe um circa 0,7 Grad kühler. Die Saison ist länger, die Traubenhäute und -kerne sind bei geringerem Zuckergehalt reifer. 

Die Weinlese erfolgt ausschliesslich per Hand, um nur die allerbesten Trauben in den Keller zu bringen. Das dreigeschossige Gebäude beherbergt zwei unterirdische Geschosse, die eine Bearbeitung ohne Pumpen nur mit der Kraft der Gravitation möglich machen. Die Trauben werden teils entrappt und mit den Füssen gestampft, um die Kerne weder anzuquetschen noch unerwünschte Bitterstoffe in den Wein abzugeben. Für die Fermentation der Weine werden Zementtanks sowie Fuder verwendet. Auch für den Ausbau der Weine stehen Zementtanks, Fuder und Holzfässer, gebraucht, neu, mit speziellem Toasting, bereit. Die Weine lagern bei gleichbleibender, niedriger Temperatur und Feuchtigkeit in den Kellergewölben. Fernando hat jeden Prozess hinterfragt, Neues eingebracht und weiterentwickelt. «Man braucht viel Zeit, wenn man einzigartige Weine machen will.» Jedes Jahr finden sich in seinen Weinen noch mehr Präzision, Eleganz und Kraft. «Es ist ein Balanceakt, die Harmonie zu finden zwischen dem Mut, neue Wege zu gehen, und der Angst, diesen Weg zu beschreiten. Man muss seinen eigenen Weg finden ohne jemanden zu kopieren und kann nur darauf vertrauen, dass die Konsumenten, also die Weinliebhaber, diese einzigartigen Weine wertschätzen und letztendlich auch kaufen.» So findet traditionelles Handwerk mit neuen Ideen zusammen, und am Ende stehen einzigartige, herausragende Weine, die begeistern.

«Garnacha ist terroirsensibel und kann die Besonderheit jeder Lage widerspiegeln.»

Das kontinentale Klima der Region unterliegt mediterranen Einflüssen: wenig Niederschlag mit 200 bis 500 Litern pro Quadratmeter und Jahr, hohe Unterschiede zwischen Tag- und Nacht-Temperaturen und der allgegenwärtige kühle Wind «Cierzo». Im Frühjahr und Herbst herrschen gemässigte Temperaturen zwischen 5 und 25 Grad Celsius, im Winter leichte Minusgrade bis -5 Grad. Der Sommer ist trocken mit Temperaturen von 20 bis hin zu 40 Grad.

Neben dem Aufbau von Frontonio, die er im Jahr 2010 startete, hat sich Fernando auch der schwersten Prüfung im Weinbusiness gestellt, der Prüfung zum «Master of Wine» MW, die er im Jahr 2017 erfolgreich abgelegt hat. 2018 folgte der erste grosse Jahrgang seiner Weine. Mancher seiner Weine sind «freaky» wie er selbst, aber immer präzis und authentisch. 

Weine im Clubpaket

Supersónico 2019 Valdejalón IGP

2022 bis 2028

Strahlend granatrot zeigt sich die Cuvée aus Garnacha und Macabeo im Glas mit komplexen Noten, Himbeeren und Lorbeerblatt mit etwas Schwarztee und Rosenblättern. Kraftvoll und elegant, wundervoll ausbalanciert. Langer Abgang

Mariage: gebratenes rotes Fleisch mit Grillgemüse und kräftigen Saucen. 

 

Psicodélico 2020 Vino de España

2022 bis 2028

Überraschend purpurfarben im Glas, dafür sorgen die 65 Prozent weisse Trauben in dieser spannenden Cuvée mit burgundischer Anmutung. Feinwürzig, sehr elegant und doch kraftvoll. Mit jeder Minute im Glas öffnet er sich mehr. Lang ausklingend.

Mariage: Kalbfleisch, Wildgeflügel, auch Kaninchenbraten.

 

Cuevas de Arom – OS Cantals 2018 Vino de España

2022 bis 2025

Reinsortiger Garnacha, die Idee hierzu trieb Fernando Moro bereits zu Beginn seines Schaffens um. Dicht gewoben. Mehr herbe Frucht, etwas Ziegelstaub. Fordernd am Gaumen. Reife Erdbeere, etwas Brotkruste, mit Zug und Kraft.

Mariage: zu gegrillten Spareribs aber auch zu Gerichten, die mit Käse verfeinert wurden.