Unique Wineries of the World - Deutschland

Weingut Hain

Text: Rudi Knoll, Fotos: z.V.g.

Mit den Reben auf Du und Du

«Zeit nehmen, geniessen, alles im Fluss» steht auf einem grossen Schild im Restaurant des Weingutes Hain in Piesport. Wie wahr! Hier sollte man sich beim Geniessen auf jeden Fall mehr Zeit als sonst nehmen. Und das dem griechischen Philosophen Heraklit nachempfundene Zitat steht für ewiges Werden und Wandeln. Das passt zum Weinbau, der Jahr für Jahr neue Herausforderungen für einen Winzer in petto hat, vor allem, wenn er wie Gernot Hain in zwar bedeutenden, aber auch extrem steilen Lagen wie dem Goldtröpfchen und dem Domherr gefordert ist. «Sieben unserer zehn Hektar sind im Hang, fünf davon sind echte Grand-Cru-Lagen», rechnet der 57-Jährige vor.

«Ich bin schon als Kind in den Reben herumgesprungen und erfuhr früh, dass die Qualität der Trauben enorm wichtig ist.»

Gernot Hain

Er bewältigt das auch deshalb gut, weil er sich mit Fussball noch beachtlich fit hält (aktives, torgefährliches Mitglied der Deutschen Weinelf) – und weil er mit seinen Reben seit vielen Jahren praktisch per Du ist. «Ich bin schon als Kind im Weinberg herumgesprungen. Bei mir war immer klar, dass ich Winzer werde.» Die Weinbautradition der Familie reicht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Der Vater brachte seinen ersten Jahrgang 1964 ein, damals von 1,4 Hektar. Gernot lernte ab 1980 zuhause und schloss danach eine Ausbildung zum Weinbautechniker in Bad Kreuznach ab. Derweil kaufte der Senior («Er machte schon richtig guten Wein», lobt der Sohn im Rückblick) gute Parzellen zu. 1988 übergab er an den Junior, der sich vorgenommen hatte, noch mehr Feinheiten reinzubringen. Seine klare Erkenntnis: «Das Wichtigste ist eine optimale Qualität der Trauben.» Die damals erfolgte Flurbereinigung war wichtig, weil sie die Arbeit in den Weinbergen erheblich erleichterte.

Das Weingut selbst befindet sich im alten Ortskern von Piesport am linken Moselufer, gleich beim Brückenende. Es verteilt sich auf verschiedene Gebäude. «Wir haben durch die Betriebserweiterung im Lauf der Jahre auch mehr Platz gebraucht und konnten dafür einige Häuser übernehmen», lacht Hain beim Spaziergang rauf und runter, von links nach rechts und umgekehrt. Eine wichtige Übernahme war das Gebäude für ein Hotel mit 13 urgemütlichen Zimmern. Hier führt Gattin Susanne ebenso Regie wie im gegenüberliegenden Restaurant, in dem die Weinauswahl von einem pfiffigen Speisenangebot begleitet wird.

Auffällig ist, dass Hain nicht nur mit Riesling, der in einem 300 Jahre alten Gewölbekeller heranreift, in verschiedenen Geschmacksrichtungen auftrumpft. Frühere Reisen in die Bourgogne haben ihn dazu inspiriert, sich auch mit der Burgunder- Familie anzufreunden. So gibt es bei ihm knackigen Weissburgunder mit Saft und gutem Biss, dazu eleganten Chardonnay, der zarten Holzeinfluss durchschimmern lässt. Dann die rote Überraschung: ein saftiger, dichter Basis- Spätburgunder, eine komplexe, temperamentvolle Version aus der Lage Falkenberg, mit der er sogar in der deutschen Rotwein- Bundesliga locker mithalten kann. Und nicht zu vergessen: Auch mit dem druckvollen Riesling- Sekt «Prestige» und einer prickelnden Grande Cuvée setzt er sehr erfreuliche Genuss- Akzente.

Drei Spitzenweine

2019 Piesporter Goldtröpfchen Riesling trocken

1868 wurde die 66 Hektar umfassende Lage erstmals genannt. Die Fläche verteilt sich auf zahlreiche Winzer. Gernot Hain hat Besitz in Topparzellen. Mineralisch, straff, würzig, feiner Nerv, sanfter Druck, komplex und langlebig.

2019 Piesporter Goldtröpfchen Riesling Spätlese Felsterrassen

Ein Mosel-Klassiker mit einem animierenden Schiefer-Hauch in der Nase; elegant, feinmaschig, viel Tiefgang, aber verspielte Leichtigkeit ( lediglich 7,5 Vol.-%). Stammt aus einer besonders exponierten Parzelle.

2018 Piesporter Goldtröpfchen Riesling Auslese

Sortiment zu sehr zivilen Preisen. Hier ein Beispiel: brillante Frucht im Duft und Geschmack; fester Körper, rassige Säure, vielschichtig, feinmaschig, Jahrzehnte haltbar.