Bukett-Traube in Sommerhausen: Wiedergeburt der ältesten Neuzüchtung der Welt

01.12.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Sommerhausen) - Premiere in Franken. Im Weinherbst 2014 wurden erstmals in Sommerhausen auf den Fluren des Weingutes Schloss Sommerhausen Trauben einer Sorte gelesen, die wohl die älteste Züchtung der Welt ist und einen langen Weg zurück legte, ehe sie wieder einen Platz in ihrer angestammten Heimat fand. 

 

Bukett-Traube heißt dieses Kind von Silvaner und Trollinger. Die Kreuzung wurde 1864 von Sebastian Englerth aus Randersacker vorgenommen, also knapp 20 Jahre, bevor Professor Hermann Müller in Geisenheim den Müller-Thurgau kreierte (1882). Englerth (1804-1880) war ein bedeutender Weinbauer, Rebenzüchter und Politiker mit viel Einfluss; er gehörte 1874 zu den Mitbegründern des Deutschen Weinbauvereins und war ein Feind der Kunstweinproduktion und der Nassverbesserung. Das „Kind“ aus seiner Rebschule erfuhr zunächst große Wertschätzung, aber im Lauf der Jahrzehnte verschwand es nahezu komplett aus den deutschen Weinbergen. Die Sorte fristete allenfalls in Züchtungssortimenten und Museumsweinbergen ihr Dasein – und in Südafrika. 

Dort gibt es drei Weingüter, die die Bukett-Traube für sich entdeckten. Eines davon ist Cederburg Private Cellar in der Region Western Cape rund 250 km von Kapstadt entfernt; der Betrieb ist das höchstgelegene Weingut Südafrikas (1036 Meter), wurde bereits 1893 gegründet und wird seit 1996 in fünfter Generation von David Neuwoudt geführt, der hier in dem vormals auf Landwirtschaft konzentrieren Gut erst richtig Weinbau einführte. Stattliche elf seiner 50 Hektar sind mit der Bukett-Traube bestockt. Die Sorte erfreut sich aufgrund ihrer fruchtigen Aromatik großer Beliebtheit am Kap. Bei einem Südafrika-Trip fand der Niederländer Adriaan Ten Bosch aus Amsterdam Gefallen an dem Wein, konnte den Bezug zu Franken entdecken und schickte als Freund und Kunde des Weingutes Schloss Sommerhausen eine Nachricht an Hausherr Martin Steinmann.

Der stellte Nachforschungen an und fand tatsächlich noch Mini-Bestände im „altfränkischen Weinberg“ im acht Kilometer entfernten Randersacker, die auf Edelreiser einer alten Pfälzer Anlage zurückgehen. Steinmann war fasziniert. Und beschloss, die Uralt-Kreuzung wiederzubeleben. Es war nicht einfach, in ganz Deutschland Pflanzgut zu finden, aber er schaffte es und konnte auch die Behörden davon überzeugen, dass es Sinn machte, die historische Rebe anzupflanzen (was dem Roten Riesling, obwohl sogar eine autochthone Sorten, bislang auf breiter Front nicht gelang).

2012 wurden rund 1100 Stöcke gepflanzt. Im Frühjahr 2014 besuchte Steinmann Südafrika und hier natürlich das Weingut Cederburg. David Nieuwoudt versprach  bei dieser Gelegenheit, bei der Weinernte in Franken zu helfen. Gesagt, getan. Die Lese der Bukett-Traube (oder Englerthrebe) war das Finale der 2014er Ernte. 250 Liter mit 87 Grad Oechsle kamen in den Keller, für eine Junganlage ein durchaus ordentliches Ergebnis. 

Steinmann hatte gelernt, dass die Sorte hohe Ansprüche an die Lage stellt, spät reift und viel Handarbeit bei der Bewirtschaftung nötig macht. „2014 war eine echte Herausforderung“, zieht er Bilanz. Bei der ersten Verkostung des trüben Saftes waren sich der Franke und der zum Freund gewordene Südafrikaner einig, dass das typische Aroma der Sorte bereits durchschimmert. „Expressiv und ausdrucksstark, üppiger und vielfältiger als Rieslaner und die Scheurebe, ein „Kind“ der Bukett-Traube“ beschreibt es Steinmann. 

Die bisherigen Erkenntnisse haben ihn voll von der Qualität der Rebe überzeugt. Er will die besten Stöcke der zwangsläufig lange vernachlässigten Sorte selektionieren und gesondert vermehren. Die Fläche mit der Bukett-Traube soll langsam wachsen. Den ersten Wein dürfte es Mitte 2015 geben.