Delikate Spätlesen in Fulda

28.08.2014 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Fulda) - Die hessische Stadt Fulda war mal wieder zwei Tage lang deutsche „Riesling-Spätlese-Hauptstadt“. Zum 15. Mal fand im historischen Schloss ein Wettbewerb statt, der ein deutsches Prädikat im Fokus hat, das 1775 „erfunden“ wurde, aber aktuell in Gefahr ist, an den Rand gedrückt zu werden.

 

Doch zuerst zum Wichtigsten, dem Ergebnis. 165 Weine des Jahrgangs 2013 aus über hundert Betrieben wurden angestellt, in drei Kategorien sollten Sieger gefunden werden: Trocken (60 Weine), Feinherb/Halbtrocken (33) und Fruchtig (72). Bei den trockenen Weinen hatte am Ende das Weingut der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau mit einem Riesling aus der Lage Niersteiner Hipping die Nase vorn – oder besser gesagt das Weingut Manz im rheinhessischen Weinolsheim, das die Kirchenfläche seit etlichen Jahren gepachtet hat, aber die Weine noch mit einem eigenen Etikett versieht. Winzer Eric Manz war in der Spitze ganz unter sich. Er belegte auch noch Rang zwei mit einem Riesling aus der zum Familienbesitz gehörenden Flur Weinolsheimer Kehr und wurde Dritter mit einem weiteren Kirchen-Riesling aus dem Oppenheimer Sackträger.

Für ihre Siegerehrung am 16. November in Fulda im Rahmen einer festlichen Matinee müssen die Ausrichter vom Stadtmarketing nur eine überschaubare Zahl von Winzern einladen. Zwar gilt es, neun Weine auszuzeichnen, aber der Rheinhesse Eric Manz war gleich mit vier Weinen dabei. Das Weingut Reuscher-Haart aus Piesport an der Mosel ist mit zwei Weinen auf dem Podest vertreten. Inhaber Mario Schwang dürfte sich vermutlich überschwänglich freuen, dass sein „Überschwang“ zu den Siegern gehört…

Bleibt noch der Geburtsort der Spätlese, Schloss Johannisberg im Rheingau. Hier hatte sich vor 239 Jahren ein reitender Bote mit der Leseerlaubnis des Fürstbistums Fulda (das damals die Regie über Kloster Johannisberg hatte) so lang verspätet, dass es zu einer extrem verzögerten Weinernte kam. Das Ergebnis war damals wohl vergleichbar mit einer Beeren- oder Trockenbeerenauslese. Aber geprägt wurde der Begriff Spätlese. Immer wieder hatte die heutige Domäne Schloss Johannisberg Weine ins Rennen um den Spätlesereiter-Pokal geschickt, aber sie kam – wenn man so will – immer etwas zu spät. Erstmals konnte sich Betriebsleiter Christian Witte gleich über zwei Top-Platzierungen freuen, nämlich den Sieg in der Kategorie Fruchtig für das zweite Weingut des Hauses, G. H. von Mumm, und einen dritten Rang für Schloss Johannisberg.

Trockene Weine konnte Witte nicht mehr anstellen. Er ist mit beiden Betrieben Mitglied im Verband der Prädikatsweingüter (VDP), der in seiner neuen Rangordnung mit einem drei- oder vierstufigen, für viele Konsumenten schwer verständlichen System das Prädikat nicht mehr für die betont herben Weine zulässt. Neuerdings gibt es beim VDP die Grosse Lage an der Spitze (in diese Kategorie gehört auch das in der Regel trockene Große Gewächs), dahinter die Erste Lage (die aber eigentlich ein Zweitwein ist), dann den Ortswein und schließlich als Basis den Gutswein. Diese Regel hat dazu geführt, dass erheblich weniger trockene Spätlese-Weine nach Fulda geschickt wurden. Noch vor wenigen Jahren waren es weit über 100 Anstellungen.

Dennoch hat der Wettbewerb nach wie vor viel Bedeutung für die Stadt Fulda, die damit ihre Verbindung zum Wein untermauern kann. Dafür spricht auch, dass sich Oberbürgermeister Gerhard Möller gern als Schirmherr einspannen lässt und die Fachjury aus Handel und Weinbau sowie Organisator Wolfgang Wehner und dessen Team am Montag im Schloss begrüßte. 

 

Auf einen Blick: Sieger und Platzierte:

KATEGORIE: Trocken

KATEGORIE: Halbtrocken, Feinherb

KATEGORIE: Fruchtig