Neue „Spielwiese“ für Winzer Ludwig Knoll in Würzburg

24.09.2015 - R.KNOLL

DEUTSCHLAND (Würzburg) - Doppeljubiläum und zugleich Fertigstellung und Einweihung eines neuen, ergänzenden und vom Inhalt her sehr ungewöhnlichen Weinkellers – wenn Ludwig und Sandra Knoll vom Weingut am Stein, gelegen direkt neben und inmitten der Würzburger Toplage Stein, etwas anpacken, dann gleich richtig. Und mit vielen Freuden als Gäste, inklusive dem Oberbürgermeister von Würzburg, Christian Schuchardt. Begonnen hat alles anno 1890. Der Ururgroßvater von Ludwig Knoll war damals Küfer und gleichzeitig Kellermeister in Würzburg. Er fertigte Fässer und baute meist für Gastronomen zudem noch Wein aus. Lange Zeit war der Betrieb einer unter vielen – und bedeutungslos.

 

Dann begann ein junger Mann, der noch einen katastrophalen Frostjahrgang (1985) im Kopf hatte, mitzumischen und wollte gleich alles anders machen als die Vorgänger. Ohne richtiges Fachwissen wagte Ludwig Knoll mit dem Jahrgang 1987 den Umstieg auf ökologischen Weinbau – und erlebte ein Desaster. Deshalb begann er ein Studium in Geisenheim und ließ es zunächst etwas gelassener angehen. 1990 kam eine junge Frau an seine Seite, die ihrem Ludwig und dessen Familie beistand, als ein Umzug aus der engen Stadt bewältigt werden sollte. Gattin Sandra ist seitdem die ruhige, ausgleichende Kraft im Haus, die – wo angebracht – auf die Bremse drückt, aber gleichzeitig auch anschieben kann. Nebenbei zog sie noch die Kinder Antonia und Vinzenz groß; den beiden sind seit Jahren auch zwei herausragende Weine gewidmet, der rote „Montonia“ der Tochter, der „Vinz“-Silvaner der Junior. Längerfristig wird gehofft, dass vielleicht sogar beide mal ins Weingut einsteigen; aber vorläufig hat Ludwig (49) einige Jahre als Chef vor sich. 

Die ersten Jahre waren noch Lernjahre. Wer vor gut 20 Jahren Gewächse vom Weingut am Stein im Glas hatte, war nicht durchgängig begeistert. Aber die Knolls hörten auf Kritik und arbeiteten an sich und ihren Weinen. So wurden sie vom Gault Millau registriert und bekamen in der Ausgabe 2000 immerhin schon ihre zweite Traube. Bereits seit Jahren sind sie bei der dritten Traube angelangt. Und nicht wenige Experten meinen, dass das noch etwas zu wenig ist. Denn Ludwig Knoll ist beim Wein sehr vielseitig geworden, kann es mit trockenen Weißweinen ebenso wie mit edelsüßen Gewächsen und ist auch bei Rot für positive Überraschungen gut. 

Und für bauliche Besonderheiten. 2005 wurde das neue Weingut in ungewöhnlicher, mutiger Architektonik fertigstellt. Das Weinwerk am Stein, inzwischen mit einigen Architekturpreisen bedacht, mutet aus der Ferne an wie ein Viereck aus Zahnstochern. Viel Holz und noch mehr Glas sind mit im Spiel; Letzteres sorgt für viele Lichtspiele je nach Witterung. Ludwig und Sandra danken noch heute dem Stadtrat, dass die Pläne dafür ohne Gegenstimme durchgewunken wurden. 2006 dann der nächste Schritt: Umstellung auf bio-dynamischen Weinbau. Viele Fachgespräche mit Kollegen gingen dieser Korrektur im Anbau voraus. Bald zahlte sich das positiv auf die Qualität der Weine aus; mehr Spannung und mehr Tiefgang waren zu registrieren. 

Und jetzt zum 125. Jubiläum „Weinbau in der Familie Knoll“ und zum 25. (Übernahme des Familienbetriebs durch Ludwig und Sandra) wurde eine neue Kellerabteilung eingeweiht. Der Würzburger Pater Dominik, ein guter Freund des Hauses, segnete sieben Betoneier und fünf Amphoren, in denen künftig ein Teil der Knoll-Weine ausgebaut werden soll. Mit dem Ei hatte sich der Winzer schon seit 2008 auseinandergesetzt. In einem solchen Behältnis wurde Silvaner ausprobiert, aber noch nicht selbstständig ausgebaut. Doch die bisherigen Ergebnisse stimmen zuversichtlich. Durch den „goldenen Schnitt“ des Eis und die mit dem Ausbau verbundene sanfte Mikrooxidation erhofft sich Ludwig Knoll noch mehr Harmonie und Vitalität in seinen Weinen. Die Amphoren aus gebranntem Ton sind ein traditionelles Behältnis in Georgien; sie heißen dort Qvevri, können richtig spannende aber auch katastrophale Weine liefern und setzen viel Erfahrung voraus. Sie fassen 500 bis 600 Liter. In Georgien werden Weiß- und Rotweine darin oft mit Rappen auf der Maische vergoren und der Jungwein manchmal extrem lang gelagert. Viel, nicht selten zu viel Gerbstoff kann die Folge sein. 

„Für mich ist das erstmal eine Spielwiese“, lacht der Stein-Winzer. Dass ihn manche als „Spinner“ bezeichnen, empfindet er nicht als störend. Wichtig sind für ihn die Ergebnisse. Schwarzriesling und Silvaner werden für’s Erste eingelagert, auch andere Sorten sind Kandidaten. Echte Resultate über die Eignung sind nicht schnell zu erwarten. Mit gewissem Staunen spazierten am Ende Kollegen aus Würzburg sowie Winzerfreunde aus Deutschland (unter anderem Reinhard Löwenstein und Clemens Busch von der Mosel, Peter Jakob Kühn aus dem Rheingau, Rainer Sauer aus Franken, ebenfalls ein Beton-Ei-Fan) sowie aus Österreich Alois Gross durch den neuen Keller- und drückten die Daumen, dass die Weine gelingen.