Warum lieben Sammler Lafite?

Das Erste der „Ersten Gewächse“

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 28. Februar 2020


FRANKREICH (Bordeaux) – Château Lafite produziert über Jahrhunderte einen der prestigeträchtigsten und sammelbarsten Weine der Welt. Allein die reiche Geschichte des Gutes ist faszinierend und die geht so: Im August 1868 ersteigerte Baron James Mayer Rothschild für 4.4 Millionen Francs das Anwesen und seither trägt es den Namen „Château Lafite Rothschild“. Heute gehört das renommierter Château zur Gruppe Domaines Barons de Rothschild (DBR). Die erste Erwähnung von Château Lafite geht allerdings auf das Jahr 1234 zurück, wo ein Gombaud de Lafite erwähnt wird, ein Abt des Klosters von Vertheuil, im Norden von Pauillac gelegen. Der Name Lafite soll sich vom historischen gascognischen Begriff „la hite“ ableiten, was so viel bedeutet wie „Hügelchen“ oder „Erdhügel“. Damals bezeichnete man im ausklingenden 12. Jahrhundert mit „la hite“ die Hochebene, einer der höchsten Punkte der heutigen Appellation (AOC) Pauillac.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden Weine von Lafite nach London verschifft, wo sie, nach Angaben der Chronisten, ein Favorit des amtieren Premierministers Sir Robert Walpole waren. Walpole, ab 1721 faktisch, ab 1730 auch formell erster Premierminister Großbritanniens bis zu seinem Rücktritt im Februar 1742, soll die Jahrgänge 1732 und 1733 geliebt haben, jedenfalls orderte Sir Walpole alle drei Monate ein Fass Lafite (225 Liter). Aber geadelt wurde der Lafite als „Königswein“ erst durch Maréchal Richelieu, als er diesem verhalf, sich Mitte des 18. Jahrhunderts am Königshof von Versailles zu etablieren.

Hierzu erzählt man sich die Geschichte: Als Maréchal de Richelieu im Jahr 1755 zum Gouverneur von Guyenne ernannt wurde und dorthin reiste, verschrieb ihm ein Arzt den Lafite als „eines der schönsten und besten Stärkungsmittel“. Als Richelieu nach Frankreich zurückkehrte und Louis XV zu einer Berichterstattung traf, sagte dieser: „Maréchal, Sie sehen fünfundzwanzig Jahre jünger aus als bei Ihrer Abreise nach Guyenne.“ Richelieu antwortete daraufhin: „Weiss seine Majestät nicht, dass ich den Jungbrunnen entdeckt habe? Ich habe festgestellt, dass der Wein von Château Lafite ein köstlicher, großzügiger, herzlicher Wein ist, der mit dem Nektar der Götter des Olymp vergleichbar ist.“

Die Ersten der „Ersten Gewächse“

Was den roten Bordeaux oder „Claret“, wie ihn die Briten auch nennen, betrifft, so gibt es weltweit kaum größere Weine, als die der fünf Châteaux, die als „Premiers Crus“ bezeichnet werden: Château Lafite-Rothschild, Château Latour, Château Margaux, Château Mouton-Rothschild, Château Haut-Brion. Eine Klassifizierung als „Premiers Cru Classé“ ist die oberste Stufe der Bordeaux-Klassifikation, einer Liste, die 1855 unter der Leitung von Napoleon III. erstellt wurde. Damals, während der Weltausstellung in Paris, setze man Château Lafite an die erste Stelle der Bordeaux Grands Crus Classés. Basis der Bewertungen waren die zu dieser Zeit schon langjährig geführten Ranglisten, die so nachweislich Handelsketten und Verkaufspreise der Güter von Bordeaux listeten. Innerhalb dieser seither geltenden „Fünfer“-Top-Klassifizierung hält ein Lafite unter den Weinsammlern den besten Ruf für Qualität und Langlebigkeit und erzielt damit auch Höchstreise.

Das Terroir von Lafite

Lafite ist mit einem fantastischen Terroir, gelegen in der Nähe der Gironde-Mündung im nördlichen Teil von Pauillac, nahe der Grenze zu St-Estèphe, gesegnet. In der Appellation Pauillac befinden sich drei weitere Premier Crus: Château Latour und Château Mouton Rothschild. Château Margaux gehört zur Appellation Margaux und Château Haut-Brion zur Appellation Pessac in Graves.

Heute sind die etwas mehr als 100 Hektar Rebflächen von Château Lafite-Rothschild in drei Hauptareale aufgeteilt: den Hängen um das Château, dem angrenzenden Carruades-Plateau im Westen und einem 4,5 Hektar großen Grundstück in der Nachbargemeinde Saint Estèphe, das historisch zu Lafite und damit in der Appellation AOC Pauillac zugelassen ist. Die Reben sind auf gut dräniertem Boden aus feinem, tiefem Kies, vermischt mit äolischem Sand (vom Wind transportiere Sedimente), und teilweise auf einem Untergrund aus tertiärem Kalkstein gepflanzt. Im Anbau sind die Rebsorten Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und Petit Verdot.

Basisgeschmack

Was die roten Bordeaux-Weine betrifft, so sind die Weine von Pauillac klassische Versionen, die sich durch intensive Aromen von schwarzen Johannisbeeren auszeichnen, die sich mit zunehmendem Alter zu Geschmacksrichtungen von „Bleistiftmine“, „Zedernholz“ und „Zigarrenkiste“ entwickeln. Die Weine haben eine lebhafte Säure und eine feste Tanninstruktur, die es den Roten ermöglicht, aus idealen Jahrgängen stammend über viele Jahrzehnte anmutig zu reifen.

Unter diesen Pauillac-Weinen hat Lafite schon immer eine besondere Anziehungskraft ausgeübt. Die Appellation gebärt zweifellos einige der besten Weine, die aus Bordeaux kommen. Für kraftvolle Rote gibt es andere Châteaux, aber bei Eleganz und Finesse sticht ein Lafite heraus. Keine Frage: die Beliebtheit von Lafite, insbesondere bei Weinliebhabern in Asien, ist zum Teil auf seine Eigenschaften zurückzuführen. Dazu gehört vor allem seine Zugänglichkeit in der Jugend, seine Finesse und Eleganz in Verbindung mit einem beträchtlichen Alterungspotenzial.

Sammelbare Jahrgänge

Unisono sind sich Weinliebhaber und Weinsammler einig: Der 1982er Jahrgang ist einer der weltbesten Weine, mit seiner beeindruckenden Konzentration von Cassis, gepaart mit den klassischen Zedern- und Tabakaromen, überaus ausgewogen und mit einem grenzenlosen Finale ausgestattet – „ein wirklich beeindruckender Wein“, sind sich weltweit Experten einig. Neben dem 1982er stehen die Jahrgänge 1988, 1889, 1990, 19994, 1995, 1998, 2000, 2003, 2004 und 2005, 2009 und 2010 bei Weinliebhabern hoch im Kurs.

Und das sollten Sie noch wissen: So begehrte Weine, zu denen die von Château Lafite Rothschild zweifellos gehören, verfügen über eine Frische und Lebendigkeit, die im Alter von ihrer Reife ausgeglichen wird. Ihre Nuancen aus der Jugend entwickeln und verändern sich durch die lange Lebensdauer des Weins weiter. Und auch die Art des Flaschenformats beeinflusst deren Entwicklung, da die allgemeine Regel lautet, dass je größer das Format, desto langsamer die Entwicklung durch weniger Sauerstoff im Vergleich zum Weinvolumen verläuft, was bedeutet, dass diejenigen, die das Glück haben, Magnum, Doppelmagnum, Jeroboams oder Imperiale von Lafite zu besitzen, kaufen oder ersteigern zu können, ihre Weine über ein längeres Trinkfenster genießen können.

Saskia de Rothschild & Eric Kohle

Zusammenfassen lässt sich konstatieren, dass die Weine von Château Lafite seit dem 18. Jahrhundert zu den meist verehrten und gesuchten in Frankreich und später auf der ganzen Welt gehören. Château Lafite Rothschild befindet sich im Besitz der Bankiersfamilie Rothschild und wird heute von Eric de Rothschilds Tochter Saskia geleitet. Das Anwesen erstreckt sich über 170 Hektar nördlich von Pauillac, angrenzend zu St. Estephe. Davon sind, wie bereits erwähnt, etwa 100 Hektar mit 70 Prozent Cabernet Sauvignon, 25 Prozent Merlot, 3 Prozent Cabernet Franc und 2 Prozent Petit Verdot bestückt. Seit 1962 wird das angrenzende Chateau Duhart-Milon vom gleichen Team verwaltet. Chef Önologe ist seit 2017 Eric Kohler. Zur Rothschild-Familie gehören ebenfalls das Chateau L’Evangile (Pomerol) und Chateau Rieussec (Sauternes).

BUCHTIPP

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