Reichtum an Naturschätzen

AOP Grignan-les-Adhémar

Die reiche Provinz Tricastin, zwischen Montélimar und Orange gelegen, galt einst als eigentlicher Weinkeller des Königreichs. Heute feiert sie als AOP Grignan-les-Adhémar ihre Auferstehung, dank der vielen Naturschätze und Monumente auch als eigentliches Reiseparadies. 

Es gibt mindestens zwei gute Möglichkeiten, das Rhônetal als Überflieger zu geniessen, ohne gleich einen Helikopter mieten zu müssen: Die eine ist die schmale «Rue du Panoramique», die sich ab Tournon am linken Flussufer kilometerlang durch die Weinberge von Saint-Joseph und schliesslich Cornas windet und einen Blick auf einen Gutteil der nördlichen Rhône erlaubt; die andere das Dörfchen La Garde-Adhémar im Herzen  der Rhône, am linken Ufer auf einer Anhöhe gelegen. La Garde ist von Donzère oder Bourg-Saint-Andéol aus bequem zu erreichen. Am besten lässt man den Wagen auf einem der Parkplätze hinter dem Dorf und schlendert gemütlich zur Kirche, um vom Ausblick zu profitieren. Reben sieht man von da aus zwar kaum, eher Äcker und Felder und Autobahnzubringer sowie Industriebauten und Atommeiler, doch man versteht endgültig, warum die Region Côtes du Rhône heisst und nicht einfach nur Rhône.

Die Weinpost geht nicht unten in der Talsohle ab, sondern an den diese eingrenzenden Hängen und Hochebenen. Darum sollte man nach dem Spaziergang die D 581 Richtung Saint-Paul Trois Châteaux unter die Räder nehmen und von da über die D 133 nach Chantemerle kutschieren und weiter nach Grignan. Reben werden dem Reisenden dann garantiert nicht mehr fehlen. Fährt er weiter nach Valréas, Vinsobres, Cairanne oder Beaumes de Venise, Crus und Dörfern der Côtes-du-RhôneVillages-Zone, sprengt er freilich den Rahmen dieses Kapitels, schlägt aber gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe.

Doch verweilen wir vorher noch etwas im Trüffel-Wein- und Lavendelparadies des Tricastin. Nach drei Schlössern (Trois castels) suchen wir zwar vergeblich, nicht einmal in «Saint-Paul der drei Schlösser». Der Name ist ein einziges Missverständnis: Er geht in Wirklichkeit auf die Tricastiner zurück, ein alter, hier ansässiger gallischer Volksstamm. Es gibt effektiv nur eines: das Schloss von Grignan, ein mittlerweile sorgfältig renovierter Renaissancepalast, der von weitem sichtbar ist und mit Versailles wetteifert. Er war unter anderem Wohnsitz der Marquise de Sévigné: Deren posthum veröffentlichte Briefe an die Tochter sind Meisterwerke der Literatur des 17. Jahrhunderts. 

An Naturschätzen reiche Provinz

Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Ecke des Tricastin zwischen La Garde-Adhémar, Saint-Paul-Trois-Châteaux und Grignan stolze 2500 Hektar Reben. Seit dem Mittelalter galt die an Naturschätzen reiche Gegend als eigentlicher Weinkeller des Südens, nicht zuletzt weil Rebensaft dank der gemächlich vor sich hin plätschernden Rhône besonders bequem zu transportieren war, flussaufwärts wie flussabwärts. Doch nach der Reblauskrise kam der Weinbau hier für fast hundert Jahre zum Erliegen.

1964, bei der Schaffung der Landweinzone, standen nicht einmal mehr 400 Hektar unter Reben. Die AOC Coteaux du Tricastin wurde 1973 eingetragen, aber 2010 in Grignan-les-Adhémar umbenannt (die Adhémar sind das alte Adelsgeschlecht, die das Schloss von Grignan auf dem Gewissen haben). Seit 1974 stehen in Pierrelatte vier Atommeiler der heute ziemlich umstrittenen «Centrale nucléaire du Tricastin», was dem Ruf der Weine nicht eben zugutekam.

Wer durch die Rebberge pilgert, kriegt vom Atomdilemma aber kaum etwas mit. Die auch an touristischen Sehenswürdigkeiten reiche AOP Grignan-les-Adhémar ist Provence in Reinkultur, mit allem, was so dazugehört, und die Rot-, Weiss- und Roséweine brauchen keinen Vergleich zu scheuen. Empfehlenswerte Weinbaubetriebe sind etwa Domaine de Grangeneuve, Serre des Vignes, Château de la Croix Chabrières oder Domaine des Rosier.