Wein & Karriere: Wein Heimat Württemberg 2/2022

Bereit für die Zukunft

Text: Eva Maria Dülligen, Fotos: Jana Kay

Das Ländle bringt einzigartige Weine hervor. Aber auch außergewöhnliche Menschen, die daran beteiligt sind. Die beste Nachricht aber ist, dass die neue Generation die Qualität immer weiter nach oben schraubt. Drei Talente aus der württembergischen Weinwelt zeigen auf, warum das so ist.

Luisa Wein

Winzer-Meisterin, 24

Der Begriff «Wein» ist Programm in Luisas Lebenskosmos. Nicht nur ihr Nachname lautet wie das Synonym für Rebsaft, auch ihre Weinlinie wurde durch ein Wortspiel zu «Luisas Weinkost». Ihr kleines Sortiment, das von den Weingärtnern Stromberg-Zabergäu vermarktet wird, macht nur einen Teil im Leben der 24-Jährigen aus: Als Vollzeitwinzerin arbeitet sie mit auf dem elterlichen Weinbaubetrieb. «Für mich gab es nie einen anderen Job als den, Wein zu machen. Draußen im Wengert, da ist meine Welt. Da bin ich jeden Tag hautnah dabei, wie das Produkt entsteht.» In ihrer Ausbildung hat Luisa drei Jahre durchgewechselt. Vom elterlichen Betrieb ging es im zweiten Lehrjahr zum Weingut Graf Neipperg, einer historischen Adresse mit steilen Hanglagen wie dem Neipperger Schlossberg. Hier fand die Brackenheimerin aufgrund der schwer zu bearbeitenden Hangneigungen eine gute Schule für ihren zukünftigen Beruf. Der Rebsortenspiegel des Vorzeigebetriebs stellte eine weitere Weiche für Luisa, denn Riesling und Lemberger stehen heute im Fokus ihrer Arbeit. Das Staatsweingut Weinsberg gab den letzten Schliff auf ihrem Weg zur Winzerin. Als Forschungsstation und Ausbildungsstätte gehört das Staatsweingut zu einer begehrten Adresse unter angehenden Önologen und Winzern: «Der Betrieb ist sehr ausbildungsorientiert. Als Vorbereitung für die Gesellenprüfung konnte ich hier sehr viel abgreifen.» Das setzt Luisa Wein heute im Weinberg gekonnt um. Und verliert dabei nicht aus den Augen, was sich in der Weinwelt ändert. «Der Klimawandel betrifft auch Württemberg. Deshalb haben wir vorsorglich die Piwi-Sorte Sauvitage bei uns angepflanzt.»

VITA

Nach der mittleren Reife wechselte Luisa Wein in die Winzer-Ausbildung. Parallel zum praxisbezogenen Lernen auf drei Weingütern, machte sie sich auf der Christiane-Herzog-Schule in Heilbronn fit für den theoretischen Teil ihres Traumjobs. Als Winzermeisterin verantwortet die 24-Jährige heute den Anbau trocken ausgebauter Rebsorten wie Blaufränkisch oder Riesling in der Weingärtnerei Stromberg-Zabergäu und führt eine eigene Weinlinie. Auf ihrem Blog und ihrem Instagramkanal kann man sich unter www.luisas-weinkost.de spannende Einblicke in den Winzeralltag der Brackenheimerin abholen. Wenn Luisa mal nicht im Wengert steht, findet man sie beim Geländeausritt zu Pferd.


 

Luise Müller

Studierte Winzerin, Önologin, Aufsichtsrätin, 24

Zwar führt die gebürtige Nordhausenerin keinen so marketingträchtigen Namen wie Luisa Wein. Aber auch mit dem häufigsten Nachnamen Deutschlands macht Luise Müller im Weinbau auf sich aufmerksam. Bevor sie ihr Know-how im Weinkonvent Dürrenzimmern unter Beweis stellen konnte, durchlief Luise viele Stationen. Auf zwei regionalen Weingütern vertiefte sie ihr handwerkliches Können in Weinberg und Keller: «Obwohl ich mittlerweile in vierter Generation Wein mache und schon als Kind im Wengert stand, war vieles für mich komplett neu. Den gelernten Umgang mit Hefelager, Holzeinsatz, Technologie im Keller oder neuen Maschinen im Weinberg habe ich für den eigenen Betrieb mitnehmen können.» Beim praxisorientierten Studium «Weinbau und Önologie» in Neustadt legte die 24-Jährige noch eine Schippe drauf, drang noch tiefer in die Weinmaterie ein und schreibt aktuell an ihrer Bachelorarbeit, die sich mit neuen Methoden zur Reifeerfassung von Trauben befasst. Dass Luise heute im 280 Mitglieder starken Weinkonvent schwerpunktmäßig in Aufsichtsrat und Vinothek arbeitet, erfüllt sie mit Stolz. Nicht nur, weil ihr Uropa Mitbegründer der Kooperative war: Jahrhundertealte Ursprungslagen, mineralstoffreiche Keuperverwitterungsböden und eine Premium-Rotwein-Range, die überregional für Furore sorgt, haben die Jungwinzerin in ihrem persönlichem Nirvana ankommen lassen. Im Austausch mit anderen jungen Weinmachern der Genossenschaft Wein.Im.Puls bringt sie sich immer auf den neuesten Stand. Und: «Wir Württemberger müssen zusammenhalten, statt uns gegenseitig zu bekämpfen. Nur gemeinsam können wir unser Potenzial zu großer Außenwirkung bündeln.» 

VITA

«Als ich zwölf war, hat mein Vater mir eine pneumatische Rebschere in die Hand gedrückt und mich machen lassen.» Ihre Ausbildung zur Winzerin auf dem Weingut Berthold in Neckarsulm und dem Staats-weingut Weinsberg besiegelte die 24-Jährige mit einem dualen Studium in Neustadt an der Weinstrasse. In den Semesterferien griff sie zusätzliches Wissen bei Praktika im Weinkonvent Dürrenzimmern ab. Die Hände legt sie deshalb nicht in den Schoß: In ihrer Bachelorarbeit befasst Luisa sich mit verschiedenen Techniken zur Reifebestimmung der Weintraube. Wer weiß, vielleicht entdeckt die Winzertochter eine revolutionäre Methode zur Erfassung des Öchslegrads?


 

Steffen Maile

Weinbautechniker, Betriebsleiter, Aufsichtsratmitglied, 42

«Ich habe zumindest die Jungwinzergruppe Vinitiative mit auf den Weg gebracht», schmunzelt Steffen. Das war 2008, nachdem er auf Topweingütern wie jenen von Gerhard Aldinger oder Jürgen Ellwanger seine Gesellenjahre verbracht hat. Besonders viel lernen konnte er etwa bei Ellwanger in Sachen Holzmanagement – als Mitglied der HADES-Gruppe zählt das VDP-Weingut zu den Pionieren des Barriqueausbaus – und bei der Arbeit in den Steilstlagen: «Nicht selten ist man in den Grenzbereich der Befahrbarkeit gekommen. Das hilft mir heute, wenn ich in den eigenen Steillagen zugange bin.» Auch an das Traminer-Weingut Hofstätter, wo er gleich nach der Lehre ein Jahr arbeitete, denkt der Weinbautechniker gern zurück. Die gute Südtiroler Küche und die fantastischen Weine seien das i-Tüpfelchen gewesen. Heute verbringt Steffen viel Zeit bei den Lauffener Weingärtnern. Als einer von zehn Aufsichtsräten kontrolliert er die Abläufe innerhalb der Württembergischen Genossenschaft mit rund 1200 Mitgliedern. «Wir gestalten eher, als dass wir Aufsicht führen. Da geht’s um Lesezeitbestimmung, Basispreise für die Trauben unserer Winzer oder darum, ob wir unsere Bio-Schiene weiter ausbauen.» Dabei betont er, dass die circa 880 Hektar ohnehin schon sehr umweltschonend bewirtschaftet werden und sie regional mit die ersten bei Begrünung und Verwirrmethode waren.

Obgleich der Vater von zwei Töchtern selbst nicht mehr bei der Vinitiative mitmischt, fördert er den Nachwuchs der Genossenschaft mit Begeisterung: «Die Wein-Linie unserer Jungwinzer lässt viel Gutes hoffen für die Zukunft».

VITA

Auf seinen eigenen 18 Hektar baut Steffen Maile unter anderem Lemberger und Riesling an und liefert das Lesegut an die Lauffener Weingärtner. Dort hat er auch sein zweites Standbein im Aufsichtsrat und sorgt mit dafür, dass alles rund läuft. Prädestiniert ist der diplomierte Weinbautechniker für diese komplexe Aufgabe, weil er sein Handwerk in Keller und Wengert gleicher-maßen beherrscht. Prognose-Modelle für die CO₂-Bilanz im Weinberg sind ihm ebenso vertraut wie naturnahe Anbau-Methoden oder der Fassausbau. Mit seiner Ehefrau und den Töchtern Leni und Mia lebt der 42-Jährige auf seinem Lauffener Weingut.