Verkostung: Wein Heimat Württemberg 1/2022

Die Württemberger Weingenossen haben für jeden Zweck den passenden Tropfen

Text: Harald Scholl, Fotos: Frederik Dulay

Schauen Sie mal aus dem Fenster – die Tage werden kürzer, da wird’s doch höchste Zeit, die Weinvorräte im Keller zu überprüfen und aufzustocken. Schließlich möchte man doch, wenn es kälter wird, einigermaßen gewappnet sein. Die Württemberger Weingenossen haben für jeden Zweck den passenden Tropfen, wir haben die besten Cuvées und Sekte unter die Lupe, genauer, ins Glas genommen und schon einmal vorverkostet.

Kennen Sie eigentlich den wirklichen Unterschied zwischen einem deutschen und einem französischen Weintrinker? Das ist ganz einfach, der Deutsche trinkt am liebsten eine Rebsorte – Riesling, Trollinger, Spätburgunder etc. – und der Franzose bevorzugt eine Region, also Bordeaux, Champagne oder Côtes du Rhône. Und damit in den allermeisten Fällen eine Cuvée. Denn Bordeaux-Weine sind fast immer aus bis zu fünf Rebsorten komponiert, Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und so weiter, ebenso ist es in der Champagne, wo Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay die Basis der edlen Sprudler bilden. Diese Cuvées sind eine Komposition einzelner Weine, die am Ende ein größeres Ganzes ergeben. Das hat überhaupt nichts mit «Panschen» zu tun, ganz im Gegenteil. Es ist eine wahrliche Kunst, aus verschiedenen Rebsorten mit ihren individuellen Stärken eine harmonische und genussvolle Cuvée zu komponieren. So kann man die bisweilen spitze Säure des Rieslings mit Weißburgunder zähmen, lässt sich der manchmal kernige Cabernet Sauvignon mit Merlot geschmeidiger machen. Solche Cuvées gibt es in allen Weinkategorien, weiß wie rot, still oder sprudelnd. Sie müssen auch nicht immer das Wort «Cuvée» im Namen tragen, es reicht eigentlich, dass nicht nur eine Rebsorte auf dem Etikett genannt wird, um klarzumachen, dass es eine Cuvée ist.

Komposition auch am Tisch

Um die passende Cuvée zu finden, haben wir weiße wie rote Weine ins Glas genommen. In aller Regel passen sie sich mit ihren komplexen, vielschichtigen Aromen gehaltvollen Speisen besonders gut an. Denken Sie nur an einen aromatischen Braten, sei es Rehrücken, vielleicht Gans oder auch Pute, aus dem Backofen an einem kalten Wintertag. Aber: Nicht jeder Rotwein passt zu jedem Braten. Zum Gänsebraten oder auch zur Entenbrust ist ein leichterer Wein das Passende, eine Cuvée aus Spätburgunder und Lemberger etwa. Die Säure des Spätburgunders hilft den Gaumen frisch zu halten, der Lemberger gibt Beilagen wie Rotkohl oder Maronen das ideale Gerüst. Wildgerichte hingegen profitieren eher von Cabernet-Merlot-Weinen, die mit ihren dunklen Noten den intensiven Geschmack unterstützen. Vor allem dann, wenn die Sauce auch mit ein wenig dunkler Schokolade verfeinert wurde.

Was für all diese Weine gilt: Sie sollten nicht bei Zimmertemperatur serviert werden, die weihnachtlichen 22 Grad im Wohnzimmer sind einfach zu viel. Idealerweise werden Rotweine, auch die schwersten Cuvées, bei rund 16 bis 18 °C serviert. Denn: Je frischer der Wein, desto leichter fällt das zweite Glas. Also dann – ran an die Gläser und ein Hoch auf das Komponieren!