Wein & Karriere: Wein Heimat Württemberg 1/2024

Drei Macher der Region

Text: Eva Dülligen

Wenn sie über Wein sprechen, spürt man Leidenschaft. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um die Arbeit im Keller oder im Weinberg handelt. Auch dann nicht, wenn es darum geht, dieses faszinierende Genussmittel für andere greifbar zu machen – im digitalen Marketing.

 

Alena Jasmin Seiler

Digitale Marketing Managerin, 23, Kommunikationstalent

Egal, was man Alena Seiler fragt, sie hat gute Antworten. Zum Beispiel darauf, wie sie der jungen Generation Weine der Remstalkellerei schmackhaft macht: «Die Nähe zu jüngeren Weinkonsumenten erreicht man über Social-Media-Kanäle. Im Herbst habe ich mir mein iPhone geschnappt, während der Lese ein Interview mit unserem Vorstandsmitglied Thomas Wahler geführt und es auf Instagram gestellt.» Hautnah konnten die Follower erleben, wie ein Lesetag bei der Genossenschaft abläuft. Informationen, die man sich beim Weineinkauf nicht so einfach abholen könne, vertieft die Marketingmanagerin. Das Berufsfeld der 23-Jährigen ist komplex und spannend. Parallel zur Website-Pflege unterstützt sie die Event-Promotion, wickelt die Printwerbung ab, betreut die Social-Media-Kanäle und das Newsletter-Marketing. In das Thema «Wein» ist sie hineingewachsen. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Mitarbeitern der Kellerei stammt Alena nicht aus der Winzerszene. Sie absolvierte nach dem Abitur zunächst eine Ausbildung in einer Werbeagentur: «Da betreute ich parallel mehrere Kunden auf einmal. Jetzt kann ich thematisch tiefer reingehen – vom Weinberg bis zum Flaschenlabel.» Sie genießt es, den Önologen bei der Kellerarbeit über die Schulter zu schauen oder bei Tastings mitzumachen. Der Spannungsbogen zwischen traditionellem Handwerk und digitalem Marketing fasziniert Alena besonders an ihrem Job. Er bedeutet aber auch eine große Herausforderung, denn um das komplexe Thema Wein attraktiv zu vermarkten, benötigt man Talent. Frische Kreativität tankt Alena beim Paartanz zu lateinamerikanischen Rhythmen von Samba, Rumba und Cha-Cha-Cha. Oder bei einem Glas Sauvignon Blanc, ihrer Lieblingsrebsorte.


VITA

Nach dem Abitur absolvierte Alena Seiler erst mal ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kindergarten. Dass sie nach ihrer Ausbildung zur Kauffrau für Marketingkommunikation von der Werbeagentur direkt zur Remstalkellerei wechselte, verdankt sie ihrer Mutter: «Sie hat die Stellenausschreibung auf Facebook entdeckt und mich sofort angerufen.» Die Genossenschaft war Alena nicht unbekannt, denn sie hatte vorher schon ein Praktikum dort gemacht. Ihre Begabung fürs Texten und ihre Leidenschaft für das Genussmittel Wein bringt sie seit August 2023 auf allen Kommunikationsebenen in die Kellerei ein.

remstalkellerei.de


Wanja Karr

Winzermeister, 27, Meister der Bodenhaftung

Dass Wanja Karr anno 2017 zu den Besten seines Jahrgangs zählte, fegt er mit salopper Handgeste beiseite. Sein Notendurchschnitt sei jetzt nicht die Welt. Im Vorfeld zur praktischen und schriftlichen Prüfung an der Heilbronner Berufsschule, auf der sich Wanja zum Winzer ausbilden ließ, hat er drei Lehrjahre in renommierten Betrieben gelernt. Seine erste Ausbildungsadresse lautete Graf von Neipperg mit Schwaigerner Top-Lagen wie Schlossberg und Mönchsberg. «Bei Neipperg habe ich neben der Arbeit im Weinberg erfahren, was Kellerarbeit bedeutet. Traubenannahme, Pressen, Fassausbau. Spannend, aber man kommt nicht so arg oft ans Tageslicht.» Ein weiteres Jahr Kellerarbeit – diesmal in der Winzergenossenschaft Heuchelberg Weingärtner – brachte für den 27-Jährigen die Entscheidung: «Ich hatte alle Grundlagen auf diesem Sektor abgespeichert, wusste jetzt aber definitiv, dass ich in den Weinberg will.» Vertiefen konnte Wanja seine Leidenschaft für den Außenbetrieb vom Laubschneiden bis zur Lese in der LVWO Weinsberg. Einmal festgelegt auf die überwiegende Arbeit in der Natur hängte der Schwaigerner noch eine Weiterbildung zum Winzermeister an. «Mit der Eignung als Ausbilder und zur Mitarbeiterführung kann ich qualifizierte Leute später direkt in den eigenen Weinberg einbringen», so Wanja. Einige Hektar mit Trollinger bis Sauvitage besitzen seine Eltern. Sie liefern den Ertrag an die Heuchelberg Weingärtner eG. Sehnsucht nach der weiten Weinwelt hat Wanja kaum. Manchmal besucht er seine Brüder, die in der Schweiz arbeiten. Da fühlt er sich wohl, weil ihn die Landschaft überwältigt. «Den Blauburgunder von dort mag ich wegen seiner Samtigkeit. Fast so sehr wie meinen Trollinger.»


VITA

Wenn Wanja Karr nicht im Weinberg zu finden ist, spielt er entweder Fußball oder Tenor-Zugposaune in der Kirchengemeinde von Schwaigern. «Letztens haben wir ‹Fluch der Karibik› auf einer Konfirmation gespielt», so der 27-Jährige. Der junge Winzermeister hat seine vinologischen Wurzeln im Mischbetrieb seiner Eltern, in dem neben Getreide auch 14 Rebsorten angebaut werden. Zwei von Wanjas Brüdern leben in der Schweiz, die er zum Abschalten gern besucht. Im Gepäck haben er und seine Eltern dann je sechs Liter von seiner Lieblingssorte Trollinger. Gekocht werden dazu Maultaschen oder ein saftiger Rinderbraten mit Spätzle.

heuchelberg.de


Alexander Buchele

Önologe und Kellermeister, 27, der Wissensdurstige

Von der Traubenannahme bis zur finalen Flaschenabfüllung begleitet Alexander Buchele die Weine der Lembergerland Kellerei. Dabei stand die Kellerwirtschaft zunächst gar nicht oben auf seiner Prioritäten-Liste. Alexander besitzt nämlich 1,7 Hektar Rebenfeld in den Bönnigheimer Weinbergen. Und da lag es für ihn nahe, zuhause als Winzer in den eigenen Weinbaubetrieb einzusteigen: «An der Technikerschule habe ich mich dann umentschieden, weil ich tiefer in die Önologie eingetaucht bin und das letztlich noch spannender fand.» Blut geleckt hatte der 27-Jährige allerdings schon während seiner Winzer-Lehre, als er die ersten beiden Jahre auf dem VDP-Weingut Wachtstetter arbeitete. Zum einen zählt das Weingut mit zu den besten Rotweinbetrieben von Württemberg. Und dann verfügt es über eine hochmoderne technische Infrastruktur. «Die spezielle Technik im Keller hat mich damals genauso gepackt wie das Holz-Management: der Mix aus neuen und gebrauchten Barriquefässern, die verschiedenen Toastings oder die anspruchsvollen Qualitäten nach der Eichenfassreifung.» Für Alexander ist Wein ein lebenslanger Lernprozess, wann immer er auf Innovatives stößt, fragt er sich, ob sich das auf die Lembergerland Kellerei übertragen lässt: «Die Genossenschaft hat zum Beispiel extrem viele terrassierte Steillagen, deswegen haben wir ein Steillagen-Kollektiv gegründet, das den Erhalt dieser Lagen und den naturnahen Weinbau fördert.» Neben Lemberger favorisiert der junge Kellermeister Cabernet Franc und seit Neuestem auch Malbec. Dessen würzige, fleischige Substanz fasziniert ihn. Und wer weiß, vielleicht kann Alexander die Lembergerland Kellerei davon überzeugen, diese Rebsorte bald ins Sortiment aufzunehmen.


VITA

Während seiner Zeit auf der Technikerschule an der LVWO Weinsberg hat Alexander Buchele Weinbetriebe an der Mosel, im Rheingau und in Rheinhessen besucht. Auch die luxemburgische Mosel hat er besichtigt: «Für mich war das enorm spannend – mit all den Betriebsführungen und Verkostungen.» Mittlerweile arbeitet der 27-Jährige als Kellermeister in der 167 Hektar großen, rund 250 Mitglieder starken Lembergerland Kellerei in Vaihingen. Seine Leidenschaft für gutes Essen zeigt sich, wenn er von «Lachstatar zu gereiftem Riesling» oder von «Hirschfilet zu Malbec» schwärmt.

lembergerland.de