Präzision aus Heiligen Hallen

Angélus

mit Stéphanie de Boüard-Rivoal

Der 2012 aufwändig renovierte Keller von Château Angélus gleicht einer Kathedrale. Der neue Carillon-Keller auch. Der erste steht für Tradition und Geschichte, der zweite für Gegenwart und Zukunft.

Beginnen wir mit der Geschichte von Angélus. 1782 ersteht mein Vorfahre Jean de Boüard etwas Rebland hier im Weiler Mazérat. Ein Weinbaubetrieb entsteht und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Ich vertrete die 8. Generation, und die 9. hilft bereits bei der Ernte mit.

Etwa alle hundert Jahre wird Angélus renoviert. Bei der jüngsten Generalüberholung wollten wir nicht nur an unsere lange Geschichte und Familientradition erinnern, sondern auch dem besonderen Ambiente dieses Ortes gerecht werden, der schon fast religiösen Seele. Wir gaben Naturstein und Holz den Vorzug, Balken mit Schnitzereien, die dank präziser Gesten nach alter Handwerkstradition behandelt und ausgeführt wurden und an die so unabdingbare Präzision im Weinbau erinnern, der ebenfalls ein Handwerk geblieben ist. Die gewölbte Decke gleicht nicht von ungefähr einem Kirchenschiff.

  • Einblicke (oben) in den neuen Carillon-Keller von Château Angélus.

Mit der traditionellen Bauweise wollten wir auch den Auflagen der Unesco-Klassierung entsprechen. Angélus liegt im Herzen von Saint-Émilion, am Rand des mittelalterlichen Dorfes. Für unseren zweiten Wein, Carillon, haben wir ein ganz anderes Projekt verwirklichen können. Wir haben ein paar Kilometer entfernt von hier, ausserhalb der geschützten Zone eine Kellerei errichten lassen, die zwar in Ästhetik und in der Form des umgekehrten Schiffbauchs an Angélus erinnert, ansonsten aber topmodern ausgefallen ist, auch, was die technische Einrichtung anbelangt. Die Trauben werden, schonend und mittels Schwerkraft bewegt, langsam zu Wein. Die Stahltanks hängen buchstäblich über den Köpfen der Kellerequipe.

Carillon hat als kleiner Bruder von Angélus begonnen. Doch nach und nach ist er erwachsen und selbstständig geworden. Darum der neue Keller. Er stammt von 25 Hektar Reben, Kieslagen zwischen Figeac und Cheval Blanc, Kalkböden in Saint-Christophe-des-Bardes und Lehmböden am Rand von Angélus. Die jungen Reben der Carillon-Lagen ergeben den Numéro 3 d’Angélus.