Ätna total

Eldorado am Vulkan

Text: Christian Eder, Fotos: z.V.g.

An den Hängen des höchsten aktiven Vulkans in Europa gedeihen die Trauben auf den Terrassenlagen traditionellerweise an den so genannten Alberelli – den Buschbäumchen. Die Rebberge sind auf dem Lavagestein bis auf eine Höhe von 1200 Metern über dem Meer angelegt.

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Diese Reportage finden Sie in der
Ausgabe 04 | 2019

Reportagen

Die besten Reisetipps

Der Ätna hat immer Saison

Der Vulkan Ätna in Silzilien ist in allen Saisonen eine…

Benanti

Die Brüder Antonio und Salvino Benanti, die gemeinsam mit ihrem Vater Giuseppe das Gut in Viagrande am Osthang des Ätna führen, wollen in Zukunft verstärkt auf Etna DOC Bianco Superiore setzen: In Milo werden gerade neue Terrassen angelegt, um Platz für Carricante zu schaffen. «Das ganze Potenzial dieser Rebsorte ist noch lange nicht ausgelotet», ist Salvino Benanti überzeugt. Die klassischen Etiketten von Benanti aus den Top-Lagen werden natürlich weiterhin produziert, die Rossi Rovittello und Serra della Contessa allerdings in Zukunft als Riserva firmieren.

Barone di Villagrande

Die Geschichte des Gutes der Familie Nicolosi reicht bis ins ferne Jahr 1727 zurück, aber ungeachtet der langen Geschichte hat sich Marco Nicolosi schon längst unter die Spitzenproduzenten des modernen Siziliens eingereiht: Rund um die Contrada Viagrande im Osten des Ätna produziert er gehaltvolle Rot- und Weissweine, auf der vulkanischen Insel Salina vor der Nordküste Siziliens einen komplexen Malvasia Passito.

Passopisciaro

Eigentlich suchte Andrea Franchetti im Jahr 2000 am Ätna ein Ferienhaus als Alternative zu seinem Weingut Tenuta di Trinoro in der Maremma. Die einstige Ruine im Ortsteil Passopisciaro hat sich aber schon längst in eine schmucke Kellerei inmitten von 40 Hektar Grundbesitz verwandelt. Denn auf den steinalten terrassierten Lagen in der Contrada Guardiola fand Franchetti bis zu 90 Jahre alte Nerello-Mascalese-Stöcke vor, aus denen er bald seinen ersten Wein kelterte. Nachdem er Rebberge in fünf unterschiedlichen Contrade zwischen Randazzo und Castiglione angelegt hatte, kamen weitere Etiketten hinzu, charaktervolle Contrade-Selektionen in Mini-Auflage, die getrennt vinifiziert und ausgebaut werden: Jede einzelne ein eigenständiger Ausdruck eines Terroirs. Aber es muss nicht immer nur Nerello Mascalese oder Carricante sein: «Molto Etneo» sei auch sein «Franchetti», meint er, ein kerniger Blend aus Petit Verdot und Cesanese aus den Rebbergen am Ätna. Und ein Beweis, dass auch ortsfremde Rebsorten am Ätna Potenzial haben.

Tenuta delle Terre Nere

Der Toskaner Marco de Grazia, einer der renommiertesten Weinimporteure der USA, hat ebenfalls Anfang der 2000er seine Liebe zum Ätna entdeckt und mit seinem Bruder Iano in Randazzo ein Weingut gegründet und es passenderweise Tenuta delle Terre Nere genannt. Seine terrassenförmig angelegten Weinberge liegen in den Gemeinden Castiglione di Sicilia und Randazzo, insgesamt zehn Parzellen, auf denen auf rund 35 Hektar eine Handvoll der besten Terroirweine des Ätna entstehen. Sämtliche Weinberge werden getrennt vinifiziert. Viele davon sind kleine Clos – wie in Frankreich – in denen Lavagestein für die natürliche Begrenzung sorgt. Mit neu erworbenen Rebbergen im Süden und Osten des Ätna will Marco de Grazia auch beim Weisswein noch einiges erreichen. Gerade beim Bianco sei noch einiges zu tun, meint er: «Bei Rotweinen haben wir am Ätna bereits 90 Prozent, bei Weissen aber erst 50 Prozent des Potenzials ausgeschöpft.»

Pietradolce

Eine der schönsten Lagen des Ätna liegt auf 950 Meter Meereshöhe oberhalb von Solicchiata: Barbagalli heisst das natürliche Amphitheater, umrahmt von Olivenbäumen, in dem fast 100 Jahre alte Rebbäumchen die Hauptrolle spielen. Die Gebrüder Michele und Mario Faro entdeckten es 2005, als sie damit begannen, unter dem Kellereinamen Pietradolce am Ätna Wein zu produzieren. Heute haben die beiden mehr als 20 Hektar unter Reben, die meisten davon auf historischen Alberelli rund um die neue Kellerei in Solicchiata. In zwei Jahren wird auch erstmals ein Contradenwein aus einem neu erworbenen Rebberg in Feudo di Mezzo die Palette rund um den Einzellagenwein Barbagalli ergänzen. Eine noch unterschätzte Stärke des Gutes liegt aber sicherlich bei den Weissweinen: Neben dem punktgenauen Archineri Etna DOC Bianco sticht vor allem der vielschichtige Einzellagenwein Contrada Sant’Andrea hervor, dessen Carricante-Trauben aus Milo stammen. Nur 1800 Flaschen werden davon produziert.

Girolamo Russo

Obschon Spross einer Familie, die seit Generationen Weinbau am Ätna betreibt, liefen die Lebenspläne von Giuseppe Russo doch in eine andere Richtung: Er war klassischer Pianist, als sein Vater Girolamo 2004 starb und er das Familienweingut übernehmen und das Metier des Weinbauern von der Pike auf lernen musste. Aber eine Partitur von Chopin kann auch als Blaupause für einen Etna DOC herhalten: Seit zehn Jahren zählen seine harmonischen und doch stets überraschenden Contradenweine mit zum Besten, was der Vulkan zu bieten hat: Feudo, Feudo di Mezzo und San Lorenzo heissen sie. Dabei kann Giuseppe aus dem Vollen schöpfen: In der Contrada Feudo nennt Russo acht Hektar sein Eigen, in San Lorenzo gar zwölf.

Graci

Alberto Graci arbeitete als Investmentbanker in Mailand, bevor er 2004 nach Sizilien zurückkehrte und sich auf Weinbau verlegte, ein Metier, das er von seinem Grossvater gelernt hat. 25 Hektar in der Contrada Arcuría nennt er heute sein Eigen, zum Teil am Alberello mit 10 000 Hektar Stockdichte angelegt. Denn Alberto Graci ist ein Perfektionist, wenn es um seinen Wein geht: Die Böden wurden im Rahmen einer Zonation kategorisiert, um bei der Wahl der Reben das optimale Ergebnis zu bringen. Nicht nur bei Rot- oder Weissweinen, auch sein Rosato wird wie ein Etna Bianco ohne lange Mazeration in Zement vinifiziert, um ihm seine Salzigkeit zu bewahren. Er ist ein perfekter Begleiter zum Essen: «Nur Weine, die man zum Essen geniessen kann, sind grosse Weine,» ist Graci überzeugt. «Es ist viel schwieriger, einen guten ‹einfachen› Wein zu produzieren als einen Grand Cru.» Seine Grands Crus sind aber ebenfalls überzeugend: Zu den Toplagen Barbabecchi (in 1000 Meter Meereshöhe) und Arcuría Sotto il Pozzo (einem Cru der Contrada Arcuría) gesellen sich in Zukunft auch vielversprechende Rebgärten rund um die ehemalige Villa des Physikers Ettore Majorana, deren Rebberge er gerade neu bepflanzt hat.

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