UNESCO

Prosecco DOCG zum Weltkulturerbe ernannt

Text: Arthur Wirtzfeld | Veröffentlicht: 23. Juli 2019


ITALIEN (Solighetto) – Im Antrag an die UNESCO stand eine klare Definition und Forderung: „Ein Gebiet, das ein globales Kulturerbe von aussergewöhnlichem universellen Wert darstellt, muss geschützt, erhalten und an zukünftige Generationen weitergegeben werden.“ Nach zehn Jahren des Wartens sind jüngst die Prosecco-Hügel von Conegliano und Valdobbiadene offiziell zum 55. italienischen Weltkulturerbe erklärt worden. Zur Entscheidung, die während der Sitzung des Welterbe-Komitees in Baku (Aserbaidschan) Anfang Juli getroffen wurde, äusserte sich Innocente Nardi, Präsident der für diesen Zweck gegründeten temporären Vereinigung „Die Hügel von Conegliano und Valdobbiadene“ mit den Worten: „Ich fühle eine tiefe Befriedigung und grosse Freude über die Anerkennung durch die UNESCO-Versammlung.“

Grosse Anstrengungen

„Dank der Arbeit eines aussergewöhnlichen Teams unter der Leitung des Gouverneurs der Region Venetien, des Beitrags der zuständigen Ministerien und der einwandfreien Arbeit des wissenschaftlichen Ausschusses unter dem Vorsitz von Mauro Agnoletti und nicht zuletzt der Unterstützung der italienischen Unesco-Delegation haben wir dieses Ziel erreicht“, kommentiert Nardi sichtlich erleichtert die langjährigen Anstrengungen und fordert zugleich Aufmerksamkeit: „Diese Anerkennung sollte nicht als Ziel angesehen werden, sondern lediglich als ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Aufwertung des kulturellen, künstlerischen und landwirtschaftlichen Erbes dieses kleinen Gebiets, das für sein Hauptprodukt Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore bekannt ist.“

Zielführend und treibende Kraft zum positiven Ausgang des Antrags waren die Produzenten, die das Konsortium von Conegliano Valdobbiadene Prosecco DOCG bilden. „Von Anfang an und während des gesamten Nominierungsprozesses haben sich die Mitglieder der Prosecco-DOCG nie von ihrem Glauben an die Einzigartigkeit unserer Landschaft mit ihren von Weinbergen gespickten Hügeln und schwer zugänglichen Hängen abgewandt, die eine so harte und reine Handarbeit erfordern. Es ist auch das große Engagement von Generationen von Winzern, die in diesen Weinbergen arbeiten und die Patchworks an Kleinstparzellen, die heute so einzigartig sind, sowie die charakteristischen Ciglioni, die unseren Weinbau und damit unser Gebiet von anderen unterscheiden, das zur UNESCO-Anerkennung geführt hat“, sagt Nardi anerkennend.

Welterbe der Weinkulturlandschaften

Die Hügel von Conegliano und Valdobbiadene reihen sich nun ein in die weltweite Top-Liga der Weinkulturlandschaften, die bisher unter dieser Kategorie anerkannt und als UNESCO Weltkulturerbe registriert wurden. Die Merkmale von „Die Hügel von Conegliano und Valdobbiadene“ weisen die gleichen drei einzigartigen Attribute aus, die sie aufgrund ihrer geomorphologischen und kulturellen Merkmale mit ihren italienischen Schwestergebieten Langhe Roero und Monferrato gemein haben. Zu weiteren Weinkulturlandschaften mit ebenfalls identischen Attributen gehören Alto Douro und Pico Island (Portugal/Azoren), Tokaj (Ungarn), Lavaux (Schweiz), Champagne, Burgund, Saint-Emilion (Frankreich) und Wachau (Österreich). Alle diese Orte sind evolutionäre Kulturlandschaften, sichtbare Ergebnisse lebendiger, sich ständig weiterentwickelnder Interaktion zwischen Mensch und Umwelt.

 

Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG

Die Treviser Voralpen bilden den Schutzwall für das Anbaugebiet Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG. Die Bergflanken und hohen Hügel sind von einem dichten Netz an Rebflächen durchwoben. Die Landschaft zwischen Conegliano und Valdobbiadene ähnelt einem natürlichen Amphitheater, wo sich nicht weit entfernt die Dolomiten abzeichnen. Hier, etwa eine Stunde Autofahrt von Venedig entfernt, wirkten heute selbstbewusste Winzer, die von Ihren Vorfahren profitieren, deren Arbeit durch gewonnene Erkenntnisse heute nahezu eine Perfektion erreicht hat. Ihnen gelingen Schaumweine von anerkannter und aussergewöhnlicher Qualität, von besonderem Charakter und Geschmack.

Welterbe-Komitee

Während der Sitzungstage, die dieses Jahr in der Hauptstadt Baku von Aserbaidschan stattfanden, hatte das Welterbe-Komitee über 1000 Kultur- und Naturstätten, die als besonders bemerkenswert und erhaltenswert für das Erbe der Welt von mehr als 160 Ländern beantragt wurden, zu entscheiden. Nach Angaben der UNESCO prägen die „steilen Hügel und die kleinen ineinander geschachtelten Rebparzellen diese einzigartige Kulturlandschaft in Norditalien.“ In der Erklärung des Welterbe-Komitee heisst es weiter: „Der Mensch habe diese Region über Jahrhunderte geformt. Seit dem 17. Jahrhundert sei eine besondere Mosaiklandschaft aus parallel und vertikal zu den Berghängen verlaufenden Rebstöcken entstanden.“ Mahnend erwähnt das Welterbe-Komitee: „Von nun an sei die Erhaltung und die Pflege der als Welterbe anerkannten Landschaft Aufgabe aller, nach Massgabe der besonderen Empfehlungen der UNESCO, diese von Menschenhand geschaffene Region zu schützen, die Aufwertung dieser Region für zukünftige Generationen mit einer ausgeglichenen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Einklang zu bringen.“

 

Zur Geschichte des Conegliano Valdobbiadene

  • Schon in der Antike wurden im Conegliano Valdobbiadene Reben angebaut und Weinbau betrieben. Zeugnis hierfür ist eine Grabstele, in die Schriftzeichen eingearbeitet wurden, die als Zitat eines römischer Zenturions anlässlich der Traubenlese gedeutet wurden.
     
  • 6. Jahrhundert: Die überlieferten Worte des heiligen Venantius Fortunatus, Bischof von Poitiers (530-607) sind eindeutig: „Quo Vineta Vernatur, Sub Monte Jugo Calvo, Quo Viror Umbrosus Tegit Sicca Metalla“ (An diesem Ort, an dem der Rebstock unter dem hohen Gebirge spriesst, schützt er mit üppigem Grün die rauesten Bereiche).
     
  • 12. Jahrhundert: Ein Fresko an der Aussenfassade der Pfarrkirche San Pietro di Feletto stellt den „Cristo della Domenica“ dar. Die darin befindlichen Worte dienen als Mahnung, am Sonntag nicht zu arbeiten. Auf dem Fresko ist Christus abgebildet, blutend und inmitten von Arbeitsgeräten stehend. Diese Geräte sind typische Hilfsmittel für den Weinbau, zudem ist noch ein Rebstock zu sehen.
     
  • 1574: Auf dem Weg nach Paris zu seiner Krönung reiste Heinrich III, Königsanwärter von Polen, durch die Region und machte in der Stadt Conegliano halt. Ihm zu Ehren liess man einen Tag lang Weisswein statt üblicherweise Wasser aus dem Neptun-Brunnen sprudeln.
     
  • 1754: Der Schreiber und Poet Aureliano Acanti zitiert in seinem Gedicht „Il Roccolo“ den „Prosecco“. Es ist die erste schriftliche Aufzeichnung des Namens.
     
  • 1772: Im 8. Band des „Giornale d’Italia“ schrieb der Akademiker Francesco Maria Malvolti bereits über die Qualität der lokalen Rebsorten. Damit wurde erstmals der Prosecco mit Conegliano Valdobbiadene in Verbindung gebracht.
     
  • 1868: Graf Marco Giulio Balbi Valier, bekannt dafür, dass er den „Prosecco Balbi“ genannten Prosecco-Typ als den besten unter allen ausgemacht hat, veröffentlichte ein Büchlein, in dem er den Anbau und Pflege der Reben beschreibt.
     
  • 1876: Als erste ihrer Art in Italien wird in diesem Jahr die „Scuola Enologica di Conegliano“, eine Weinschule gegründet.
     
  • 1923: Die Versuchsstation für Reben, namens „Stazione Sperimentale di Viticoltura e Enologia di Conegliano“, wird aufgebaut und fortan betrieben.
     
  • 1930: In den Dreissigerjahren werden die Grenzen des Prosecco-Produktionsgebietes festgelegt.
     
  • 1946: Die Bruderschaft „Confraternita del Prosecco“ wird gegründet. Ihre Aufgabe ist die Verbesserung und Förderung der önologischen Kultur des Territoriums und seiner Produktionen.
     
  • 1962: Elf Winzer vereinigen sich als Gruppe zum Schutze ihrer Weine und Weinlagen im „Consorzio di Tutela del Prosecco di Conegliano e Valdobbiadene“.
     
  • 1963: Die erste Schau „Mostra dello Spumante“ findet in Valdobbiadene statt.
     
  • 1966: Die „Strada del Prosecco“ wird als erste anerkannte Weinstrasse in Italien ins Leben gerufen.
     
  • 1969: Der Prosecco aus 15 Gemeinden zwischen Conegliano und Valdobbiadene erhält die kontrollierte Ursprungsbezeichnung „Denominazione di Origine Controllata“ (DOC).
     
  • 1960er und 1970er: Professor Tullio De Rosa, Autor wichtiger Texte über den Weinbau, wie beispielsweise den „Tecnologia dei Vini Spumanti“, ist die Bibel für eine Generation von Studenten in diesen Jahren.
     
  • 2003: In diesem Jahr wird der Region der Status des „Primo Distretto Spumantistico d’Italia“ (Erster Schaumwein-Bezirk Italiens) verliehen.
     
  • 2004: Das Forschungszentrum „Centro Studi di Distretto“ wird gegründet. Die Ergebnisse der von dieser Einrichtung durchgeführten Studien werden seither jedes Jahr im Dezember präsentiert.
     
  • 2009: Am 1. August dieses Jahres wird Conegliano Valdobbiadene zur 44. DOCG (kontrollierte und garantierte Ursprungsbezeichnung) Italiens deklariert.
     
  • 2019: Anerkennung der Landschaft Conegliano Valdobbiadene als Weltkulturerbe.

Zurück zur Übersicht